23. Januar 2024

Don't be fooled



Zwei ganz interessante Aufnahmen, oder? So für sich allein stehend würde sich der ein oder andere Betrachter vielleicht nicht viel denken, aber direkt gegenüberstehend ergibt sich ein ziemlicher Kontrast. Der ist natürlich beabsichtigt - ich finde es einfach immer wieder spannend, solche Gegenüberstellungen zu machen und darüber zu philosophieren, was ich beim Anblick für Assoziationen und Erkenntnisse sammeln kann.

"Don't be fooled" ist der Titel. Treffend, aber nicht erschöpfend. Natürlich seht ihr hier, dass man mit einfachen Mitteln dafür sorgen kann, ein KOMPLETT anderes Äußeres zu schaffen und somit sein Erscheinungsbild maßgeblich zu beeinflussen. Licht, Winkel, Make-Up, Kleidung und wenn ich gewollt hätte, wäre mittels Bildbearbeitung noch sehr viel mehr möglich gewesen (siehe dazu auch diesen Beitrag). Gleichzeitig seht ihr auch etwas in meinen Augen, nicht wahr? In der geschminkten Version könnte man mir unterstellen, dass meine Augen mehr strahlen und dass ich mich wohler fühle. Eventuell würde man sogar so weit gehen und sagen, dass diese Momentaufnahme an einem deutlich besseren Tag (was kann "ein besserer Tag" alles bedeuten?) entstanden ist. Dabei liegen diese beiden Bilder nur fünf Tage auseinander. Die Haut kann in sich in dieser kurzen Zeit kaum verändert haben. Ebenso wenig hat sich die Situation bzw. Lebenslage geändert, in der ich war. Klar, der Ort ist ein anderer und vielleicht waren die Themen in meinem Kopf auch anders gewichtet. Aber es sind nur Feinheiten und doch möchte ich zugeben: Ja, geschminkt fühl(t)e ich mich wohler und sicherer. Mir fiel das Lächeln ein Stück weit leichter. Ich konnte mich mit weniger Mühe auf andere Dinge als meine Haut konzentrieren. Ich konnte besser im Außen sein, lockerer mit anderen Menschen kommunizieren und soziale Interaktion mehr genießen. Das wären nur ein paar Beispiele, ich möchte allerdings auf etwas anderes hinaus.

Und zwar bin ich in beiden Fällen die gleiche Jacqueline. Mit den gleichen Stärken und Schwächen. Mit den gleichen Fähigkeiten und Talenten. Mit dem gleichen Wissen und mit den gleichen Erfahrungen. Mit den gleichen Werten und Eigenschaften. Auf beiden Bildern bin ich gleich viel wert und in gleichem Maße liebenswert. Ich habe verdient, schöne Momente zu erleben und wertvolle Erinnerungen zu sammeln - egal, wie meine Haut aussieht; egal, wie ich gekleidet bin; egal, ob und wie sehr ich geschminkt bin. Wie ich aussehe, erlaubt mit keiner Garantie einen Rückschluss darauf, wie es mir geht und was mich beschäftigt. Ich kann geschminkt sein und einen schlechten Tag haben, sodass ich mich überhaupt nicht wohlfühle. Ich kann ungeschminkt sein und den besten Tag seit Langem erleben, an dem ich keinen Gedanken an meine Haut verschwende. Was ich unternehme und wie ich mein Leben gestalte, darf unabhängig von meinem Erscheinungsbild und meinem derzeitigen Hautzustand sein. Letztendlich steckt hinter jeder geschminkten Version von mir doch sowieso die ungeschminkte Wahrheit. Wer diese ungeschminkte Jacqueline zu sehen bekommen darf, entscheide ich (größtenteils) selbst. Dennoch wünsche ich mir irgendwo, dass jederzeit der Raum dafür da ist, vorurteilsfrei in jeder Version von mir existieren zu dürfen. Ob ich das tatsächlich tue, ist ein anderes Paar Schuhe. Mir geht es um die Möglichkeit, um die Wahl. Ich kann es nicht ab, wenn ich mich dazu gezwungen fühle, mich schminken und auf eine bestimmte Weise kleiden zu "müssen"...

Achja und darüber hinaus fällt mir gerade spontan noch ein: Ich habe oben von Momentaufnahmen gesprochen. Ich finde, diesen Begriff dürfen wir uns beim Medienkonsum stärker vor Augen halten. Fotos sind nur Aufnahmen eines winzigen Moments. Sie können wahnsinnig viel ausdrücken, aber auch total viel verbergen. In dem einen Moment mache ich ein Foto von mir, wie ich mich für die Arbeit fertiggemacht habe und wenige Stunden später kann es sein, dass ich bei meiner Abendroutine in eine intensive Drücksession gefallen bin. In dem einen Moment stehe ich in denkbar ungünstigem Bib-WC-Licht und gleichzeitig kann es sein, dass ich kurz vorher mit einer lieben Freundin in der Mensa essen war, viel gelacht habe und sie sich vielleicht sogar dachte "Jacqueline strahlt heute wieder so!". Bewusstes und aufmerksames Hinschauen lohnt sich. Für euch und für eure Mitmenschen.

...Heute mal wieder ein paar random Gedanken, die hoffentlich als Reminder bei euch ankommen! Liebe geht raus! <3

24. Dezember 2023

Weihnachtsglitzern

Einen wunderschönen guten Weihnachtsmorgen wünsche ich euch! :)
 
Und selbstverständlich schicke ich euch direkt hinterher, dass ich euch frohe Weihnachten und ganz angenehme, entspannte Feiertage wünsche! Hoffentlich könnt ihr eine schöne Zeit mit euren Liebsten verbringen - sei es die Familie, in die ihr hineingeboren wurdet oder die, die ihr euch selbst gewählt habt. Ich wünsche euch, dass ihr möglichst wenig Stress erleben müsst und stattdessen leckeres Essen genießen und wunderbare Erinnerungen sammeln könnt. Das dürft ihr übrigens auch mit kahlen Stellen am Kopf, mit spärlichen Augenbrauen/Wimpern, mit aufgebissenen Lippen, mit wunden Fingern, mit Hautunreinheiten, mit entzündeten Stellen im Gesicht, mit Wunden oder Narben an von Skin Picking betroffenen Stellen und und und. Ihr seid trotzdem die gleichen wertvollen und liebenswerten Menschen, die es verdient haben, im Hier und Jetzt zu sein und sich des Moments zu erfreuen. Als kleiner Reminder für euch. <3
 
Für diejenigen unter euch, die ein eher unkonventionelles Weihnachten vor sich haben, keins feiern oder das erste Mal alleine sind: I feel you! Ich schicke euch ganz, ganz viel Liebe und Kraft! Mir geht es ähnlich, denn ich bin das dritte Jahr in Folge alleine und außer Arbeit am Vormittag des 24.12 steht nichts an. Es ist irgendwie bittersweet für mich... Einerseits gibt es einen Teil in mir, der gemeinsames Essen, Spielen, Lachen, Beschenken etc. vermisst und deswegen etwas traurig ist. Andererseits freue ich mich echt schon lange auf diese drei, vier KOMPLETT freien Tage, an denen ich zuhause einfach nur rumgammeln und für mich sein werde (diesmal sogar ohne Studium oder Masterarbeit im Nacken). Ich werde es mir möglichst schön machen und mir alles gönnen, wonach mir so ist. Vielleicht habe ich auch Zeit, in mich zu gehen, um das letzte Jahr zu reflektieren und mir Gedanken über 2024 zu machen. We will see. Hauptsache Entspannung! Fühlt euch also verstanden, wenn diese Zeit im Jahr nicht so besinnlich oder leicht für euch ist.

Ansonsten möchte ich euch noch ein paar Bilder zeigen, die ich Ende November für die (Vor-)Weihnachtszeit aufgenommen habe. Wir können nämlich genauso strahlen wie Menschen mit reiner Haut! Euer Glitzern kommt von innen, scheint durch eure Augen und euer offenes Lachen und erreicht genau die Menschen, die es erreichen soll. Glaubt mir. Die richtigen Menschen sehen euch und sind verzaubert. Sie sehen euren Wert und schätzen ihn. Sie sehen eure Fähigkeiten und Talente. Sie sehen eure Sanftheit, euren Mut, eure Stärke und was euch sonst noch ausmacht. Wer das alles nicht sehen will, hat es auch nicht verdient.










16. April 2023

Lichtverhältnisse

Heute gibt es nur einen kurzen Sonntags-Reminder zum Thema Lichtverhältnisse.
 


 
Alle drei Bilder sind wenige Sekunden nacheinander aufgenommen worden. Alle im selben Raum, aber mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen und Hintergründen. Das künstliche Licht hat einen leichten Weichzeichner-Effekt, wohingegen das natürliche Tageslicht meine großen Poren stärker betont. Dafür strahlen dort meine Augen mehr, die im künstlichen Licht gerne mal dunkler oder farbloser erscheinen.

Und doch habe ich nur recht minimale Unterschiede eingefangen, die unter anderen Verhältnissen noch sehr viel stärker ausfallen können (direktes Sonnenlicht oder dunkle Umgebung z.B.). Was meint ihr, warum viele Influencer und Youtuber so krasses Lichtequipment besitzen? Weil es alles besser aussehen lässt. Schatten, Falten und Unebenheiten im Gesicht verschwinden, die Augen funkeln und das Make-Up sieht perfekt aus. Doch unser Alltag ist eben kein ideal ausgeleuchtetes Studiozimmer - denkt da immer dran! Das ist übrigens auch total in Ordnung so. Niemanden unserer Mitmenschen interessiert wirklich, ob wir gerade frisch wie aus dem Ei gepellt aussehen oder nicht. Wir leben die Realität, keine Werbung!

1. Februar 2023

Das geht doch besser (muss es aber nicht)

Guten Morgen!
 
Habt ihr diesen Drang nach Perfektionismus auch manchmal so satt? Gefühlt kommt er aus allen Richtungen: Von innen heraus und direkt oder indirekt von außen durch die Gesellschaft. Ob wir uns künstlerisch betätigen, Fotos von uns machen, Leistungen in Schule oder Uni erbringen, uns kleiden und schminken, neue Fähigkeiten/Kenntnisse/Sprachen lernen wollen, uns Bilder und Videos von mehr oder weniger Fremden auf Social Media ansehen... Überall wird nach dem Bestmöglichen gestrebt. Viel davon ist mehr Schein als Sein, ganz klar. Und nicht wenigen Menschen mag bewusst sein, dass der Gesellschaftsdruck uns treibt. Dennoch können wir uns (noch) nicht (gänzlich) davon lösen, dazu ist noch sehr viel Wandel nötig.

Gerade deshalb möchte ich mal Folgendes in den Raum werfen (auch für meine eigenen Ohren hörbar, denn auch ich muss das noch so lange hören, bis sich meine Gedankenmuster langsam auflösen): Es muss nicht immer gut oder sehr gut sein. Der Durchschnitt kann gut genug bzw. ausreichend und völlig zufriedenstellend sein. Auch, wenn es hier und da möglicherweise besser gehen würde, muss es das nicht immer. Perfektion ist ein unerreichbares Idealbild. Wir dürfen auch mal scheitern, Fehler machen und eine unzureichende Leistung abgeben. Unser Wert und unser Sein hängen nicht von unserer Leistung oder davon ab, wie nah wir an "perfekt" sind. Wir sind so viel mehr als das, was wir leisten und können. Wir sind mehr als unsere äußere Hülle. Die Gesellschaft darf sich ruhig dran gewöhnen, weniger Perfektion zu sehen, sodass sich die Auffassung von "normal" wieder mehr ins Realistische bewegt. Ach und natürlich dürft ihr selbst für euch ganz allein festlegen, was eure Normalität ist und was eurem Schönheitsideal entspricht.
Ich hoffe, diese Zeilen erinnern euch nicht zu sehr an den Beitrag "Leistungsdruck und Perfektionismus", den ich im Dezember verfasst habe. Wie gesagt, ich denke, dass man sich ruhig häufiger damit auseinandersetzen darf und sich solche Dinge wie eben solange sagen sollte, bis sie wirklich fruchten. Schließlich haben wir uns auch jahre- oder gar jahrzehntelang das Gegenteil anhören müssen und in der Konsequenz tief verinnerlicht. Wir müssen ein Gegengewicht dazu schaffen, oder? Zumal in keinem der Beiträge, wo ich mich dem Thema widme, alles gesagt werden kann.

Mein eigentlicher Impuls zu diesem Beitrag kam von diesen zwei Fotos:



Vielleicht denkt ihr euch "Puh Jacqueline, die Bilder sind nicht gerade vorteilhaft oder besonders... Wieso teilt man solche Aufnahmen? Was soll das bringen?". Aber genau das ist es ja! Hear me out...

In einem Satz: Let's normalize seeing each other in different or even bad lighting!
Es muss doch gar nicht immer darum gehen, ein möglichst "schönes" Bild zu machen oder zu posten (davon abgesehen, dass es unendlich viele Auffassungen von "schön" gibt). Auch, wenn Social Media uns das gerne vorgaukeln will, weil es eben einfacher ist, nur die besten Seiten von sich zu zeigen. Aber unser Alltag ist nicht das perfekte Foto vom perfekten Shootingtag. Unser Alltag ist geprägt von den unterschiedlichsten Momenten, Gefühlen, Ausdrücken, Licht- und Wetterverhältnissen und und und. Niemand lebt ein Leben, in welchem nur Schönes oder das Beste vom Besten vorkommt.
Wer kennt es nicht? In öffentlichen WCs oder in Umkleiden von Kleidungsgeschäften ist das Licht immer besonders unvorteilhaft und wir finden uns dann plötzlich gar nicht mehr ansehnlich, obwohl wir uns morgens beim Fertigmachen vielleicht noch wohl gefühlt haben. Das Ding ist doch, dass keiner von uns in diesem Licht besonders gut glänzen kann. Aber das ist in Ordnung und ich finde, das kann man auch mal zeigen. Ja, diese Fotos sind weder vorteilhaft noch besonders und für manche Menschen da draußen mag es irgendwie lächerlich sein, was ich damit zu sagen versuche. Aber wenn solche Bilder nie gezeigt werden (obwohl wir uns alle oft genug selbst so sehen), kann sich unser Auge bzw. Blick nicht dran gewöhnen. Deshalb der heutige Beitrag - ich hoffe, ihr versteht meine Intention. Wenn ihr damit nichtsdestotrotz nichts anfangen könnt, ist das auch ok. Nicht jeder meiner Blogposts muss etwas für euch sein.

17. Dezember 2022

Leistungsdruck und Perfektionismus

Jetzt habt ihr ein kleines Weilchen nichts mehr von mir gehört, nachdem die letzten Wochen recht kontinuierlich Beiträge erschienen sind und es teilweise auch sehr viel zu erzählen gab. Aber aktuell ist wieder viel Anderes in meinem Leben los und ja, ich habe natürlich irgendwie auch den "Anspruch", euch was zusammenzutippen, was Mehrwert hat. Deshalb passt das heutige Thema ganz gut dazu. Auch, wenn ich ein leises Gefühl verspüre, das mir sagt, heute sei vielleicht nicht der beste Tag dafür, weil ich nicht die treffendsten Worte finden werde. Aber das ist egal. Irgendwelche Worte sind wohl besser als keine. Es muss nicht vollkommen sein.
 
Leistungsdruck und Perfektionismus - gemeinsam mit Skin Picking (oder alternativ auch anderen psychischen Erkrankungen) keine gute Mischung. Ich bin seit ich denken kann perfektionistisch, zum Teil sogar etwas zwanghaft penibel. Das gilt nicht ausschließlich, aber insbesondere für Dinge, die ich kreiere. Also alles, was irgendwie mehr oder weniger mit Leistung zu tun hat. Ich habe viele sehr stark verinnerlichte Glaubenssätze, Denk- und Verhaltensmuster, die meine Leistung und meinen Wert miteinander verknüpfen. Und wisst ihr, eine der ungelösten Fragen für mich ist nach wie vor: Woher kommt dieses Leistungsdenken? Woher kommt der Druck, den ich mir mache? Ich komme aus keinem Elternhaus, wo mir je Druck gemacht wurde, im Gegenteil. Ich habe mir jeglichen Druck stets selbst gemacht und war mir selbst nie gut genug. Es musste immer "sehr gut" (möglichst nah an "perfekt" eben) sein, sonst war ich selten zufrieden. Und auch, wenn ich anderen Menschen in meinem Umfeld mit voller Überzeugung sagen kann, dass sie IMMER wertvoll und liebenswürdig sind, ganz egal, wie viel sie leisten.... für mich selbst gilt das nie. Ich bin ein Nichtsnutz, wenn ich nichts schaffe. Ich habe versagt, wenn eine Leistung unzureichend/verspätet ist. Ich muss wie der letzte Idiot wirken, wenn etwas mal nur "ganz okay" geworden ist. Jeder muss doch merken, wenn ich mal keine sehr gute Leistung erbringe und sich fragen, was mit mir nicht stimmt. Wenn ich nichts leiste, bin ich nichts wert und habe keine Berechtigung, hier zu sein oder gar das Leben zu genießen. Zurück zur Frage, woher das Ganze kommt - kann es nur von unserer Leistungsgesellschaft beeinflusst sein? Obwohl ich vielen äußeren Einflüssen eigentlich gar nicht oder sehr spät bzw. wenig ausgesetzt war? Mh, ich werde jetzt auf keine Lösung kommen, das ist klar. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, wie sehr es mir ein Rätsel ist, wie ich so unglaublich stark zu dem Glauben kommen konnte, dass ich ohne (gute) Leistung keinen Wert habe oder bringe.

Skin Picking und Perfektionismus (und auch hoher Leistungsdruck) gehen gerne und oft Hand in Hand, ist mein Eindruck. Nicht nur bei mir, auch bei vielen anderen Betroffenen. Auch unsere Haut soll möglichst perfekt sein. Keine Erhebung, keine kratzige Kruste, keine Unebenheit, keine Pickel, keine Rötungen, keine Mitesser, etc. Am liebsten eine komplett glatte, reine und gesund glänzende Oberfläche mit winzigen Poren und weichem Hautgefühl. Hach, wie schön muss das sein - alles so ganz ohne Trigger. Aber Moment, ist das überhaupt möglich? Und woher kommt dieser Wunsch nun schon wieder? Und was hat dieser bescheuerte Leistungsdruck damit zu tun? Wieso sind wir so sehr danach bestrebt, immer und überall (gute) Leistungen zu erbringen? Weil wir uns selbst ja nie gut genug sind (was wir uns mit unserem SP-Verhalten zeigen)? Übrigens... jetzt, wo ich so oft von Leistungsdruck geschrieben habe... Kann es eventuell sein, dass dieser ganze Druck, den wir uns machen, dazu beiträgt, dass wir innerlich unruhig sind und irgendein Verhalten brauchen, um den Druck mal zu entladen? Wäre nur ne Theorie, jeder Betroffene erlebt seine BFRB-Erkrankung ja anders.

Aber auch unser Empfinden des eigenen Aussehens kann vom Perfektionismus und Leistungsdruck berührt werden. Mit all unseren Spuren auf der Haut sind wir jedenfalls alles andere als perfekt, oder? Wenn jemand unsere roten Stellen, Pickel, Wunden und Narben sieht, dann wird er doch sofort wissen, dass wir versagen und nichts hinkriegen? Was muss jemand denken, der uns so ungeschminkt und zugerichtet sieht? Nicht, dass wir noch für unhygienisch gehalten werden oder sowas Dummes. Sind jetzt mal nur extreme Gedanken, wie den ganzen Post schon. Aber hey, aus so einer Richtung kann es wahrscheinlich kommen, wenn sich Betroffene tagein, tagaus für jede Gelegenheit schminken und das Gefühl haben, sie müssten das tun. Weil wir glauben, dass wir ungeschminkt nichts wert sind und dass man es uns ansieht. Wir glauben, wir müssten uns verändern, um uns zeigen zu dürfen. So wie wir ohne Schminke sind, so sind wir nicht richtig und passen nicht in die Gesellschaft. Also versuchen wir, uns richtig zu machen und alles an Leistungen, was wir erbringen, richtig zu machen. Weil wir das Gefühl der Unzulänglichkeit satt haben. Aber Druck, Härte und Strenge sind nicht sonderlich gut für unser Selbstwertgefühl oder eine gesunde Beziehung zu uns selbst. Es fällt uns wahnsinnig schwer, aber wir dürfen liebevoll mit uns sein. Wir dürfen uns Verständnis zeigen. Wir dürfen lernen, dass wir in jedem (äußerlichen, emotionalen und mentalen) Zustand wertvoll und richtig sind. Wir dürfen erkennen, dass wir nicht auf dieser Welt sind, um Leistungen zu erbringen. Wir dürfen verstehen, dass uns all diese ungesunden Glaubenssätze von außen eingepflanzt wurden und dass es möglich ist, sie mit viel Arbeit aufzubrechen und eines Tages loszuwerden. Wir dürfen den Perfektionismus über Bord werfen, denn er ist kein guter Ratgeber. Perfektion ist ein Idealbild, ein unerreichbares Konstrukt. Nichts, was für uns Menschen sinnvoll oder erstrebenswert wäre. Wir können ankommen und zu uns finden, ohne perfekt zu sein. Wir können stark sein, ohne Leistung zu erbringen.

Macht es Sinn, was ich geschrieben habe? Versteht ihr mich und fühlt ihr euch verstanden? Das war jetzt mal ein spontaner Gedankenausbruch. Überhaupt nicht rund, sondern sehr roh und eckig. Aber das schrieb ich ja schon zu Beginn und dort habe ich bereits betont, dass genau das sein darf.

Nachfolgend noch ein paar Bilder, die ganz gut dazu passen könnten:




31. Oktober 2022

Happy Halloween 2022

Vom 31. Teil der "Eindrücke meiner Haut"-Postserie im letzten Beitrag zum 31. Oktober 2022 aka Halloween, yeay. Was für eine Überleitung, das verdient einen Preis!
 
Wie sieht es bei euch aus: Seid ihr Halloween-Fans oder eher nicht so? Ich hab es als Kind sehr gemocht und wir waren abends in Kostümen unterwegs, um uns an den Türen der Nachbarschaft Süßigkeiten abzustauben, aber leider kannte damals kaum jemand Halloween, sodass wenig in unseren Beuteln gelandet ist. :D Auch heute finde ich Halloween eigentlich ziemlich cool, aber ich komme dennoch nicht auf Partys und verkleide mich daher nicht, obwohl ich an sich Spaß daran habe. Während meiner Mottowoche im Abi hatten wir auch das Motto Horror, wofür ich mir ganz gut Mühe gegeben habe. Erinnert sich hier noch jemand an die Zeit und die Bilder davon? 2016 war das, einfach schon 6 Jahre her.

Jedenfalls habe ich vor zwei Tagen spontan Fotos im Halloween-Theme für euch gemacht, um euch zu zeigen, dass wir auch mit roten Stellen und Narben im Gesicht oder anderswo am Körper unsere Kostüme oder einen geilen Make-Up-Look rocken können! Ihr braucht euch nicht verstecken, sondern dürft da raus gehen und euch zeigen! Wenn ihr Halloween feiert, dann lasst euch bitte die schöne Zeit nicht nehmen. Wer euer Äußeres unsensibel kommentiert, kann sich nämlich zu den langsam faulenden Kürbissen gesellen - ab in die Tonne damit! Aber ganz ehrlich: Wer könnte bei einem ausgefallenen Kostüm oder einem heftigen Make-Up-Look noch auf eure Hautstellen achten? In diesem Sinne: Happy Halloween 2022!




27. September 2022

Nur ein Original

Wie ihr vielleicht wisst, habe ich früher in Teenagerjahren immer meine Haut bearbeitet, wenn ich online Bilder geteilt habe (was in einem Forum war, ich war nie auf Facebook oder privat auf Instagram & Co.). Ich war im Gegensatz zu heute noch nicht so weit, meine Haut ganz offen zu zeigen und mich damit verletzlich zu machen. Jeder Pickel, jede Wunde, jede Narbe wurde mit einem Bilbearbeitungsprogramm wegradiert. Kein Foto wurde gezeigt, ohne, dass ich vorher sämtliche Textur aus meinem Gesicht entfernt habe. Trotz eher dürftigen Mitteln wurde ich sehr schnell Profi darin, meine Haut so zu bearbeiten, wie ich sie mir auch in echt gewünscht habe. Natürlich konnte mein Spiegelbild nie mit den bearbeiteten Fotos mithalten und diese Bearbeitung fühlte sich insgeheim an wie eine Maske, die ich mir aufsetze. Gleiches galt für die viele Schminke, mit der ich schon vorher versuchte, die Spuren des Skin Pickings zu minimieren. Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut, die Königin des Versteckspiels zu sein.

Das ist nun viele Jahre her... Inzwischen gibt es ganz andere Mittel und Wege, sein Aussehen auf Bildern komplett (!) zu verändern. Es wird immer einfacher, zugänglicher und unsichtbarer. Fast schon erschreckend, was Bildbearbeitungsapps auf dem Handy oder Filter bei Instagram und TikTok heute alles können! Es ist nichts Neues mehr, wenn ich euch erzähle, dass viele Menschen nur ihre beste Seite auf den sozialen Medien zeigen. Leider ist das nicht selten eine Version von ihnen, denen sie nicht mal selbst gerecht werden können. Denn niemand sieht aus wie die unzähligen Filter, die am Ende aus den ganzen einzigartigen Gesichtern das gleiche, langweilige Einheitsface machen. Ich mag mir nicht ausmalen, was das für eine Wirkung auf die heutige Jugend haben muss, diese unerreichbare Perfektion ständig überall zu sehen, sobald man sich in den sozialen Medien bewegt. Zum Glück gibt es auch eine starke Gegenbewegung, die genau diesen Problemkomplex sichtbar machen und ein Bewusstsein dafür schaffen möchte! Klar, man muss dafür erst einmal in diese Bubble reinkommen, aber wenn man erst drin ist, will man gar nicht mehr raus - so meine Meinung! Ich bin froh, selbst nicht unter solchen Umständen aufgewachsen zu sein. Vom Alter bin ich je nach Einteilung zwar genau auf der Grenze zwischen Gen Y und Gen Z, aber wegen verschiedener Gründe fühle ich mich der Gen Y (den Millennials) vieeeel zugehöriger. Erst mit 12 oder 13 hatte ich bspw. mein erstes Handy - ein Schiebehandy ohne Internet oder Touch. Keine Ahnung, wie alt ich war, als ich zum ersten mal Whatsapp hatte, aber es war sehr spät. Instagram, Facebook, Snapchat und das alles hatte ich nie. Hat mich nie gereizt, im Gegenteil. Deshalb blieb ich von dem verschont, was für die Jugend von heute beinahe unumgänglich scheint.


Und auch, wenn diese Thematik wie gesagt nichts Neues ist, finde ich es gut, dass es die besagte Gegenbewegung gibt, die sich für die natürliche, unperfekte Schönheit des unbearbeiteten Aussehens ausspricht. Es gibt eine ganze Reihe von Accounts, die das ganz wunderbar anhand von Fotos, Reels etc. zeigen - bei Interesse könnt ihr auf meinem Instagram das entsprechende Story-Highlight durchsuchen (es gibt aber noch sehr viel mehr Accounts, die ich nicht kenne).
Trotzdem wollte ich auch mal so eine Art von Gegenüberstellung ausprobieren. Was ich hier schon ab und zu mal gezeigt habe, sind meine Pickel-und-Wunden-Wegzauberkünste. Sprich ich habe ein normales Foto von mir hergenommen und dort meine Hautunreinheiten, Narben usw. entfernt. Das letzte Mal war letzten Sommer mit diesem Post und unter diesem Link findet ihr ein anderes Beispiel aus 2018. Finde es einfach ganz spannend, mir das anzusehen, wie ich aussehen könnte, würde ich kein Skin Picking haben. Das seht ihr auch in der obigen Vierercollage auf dem zweiten Bild. Bild 1 ist das Original, Bild 2 ist das Original ohne Pickel, Wunden, Narben, Pigmentflecken und den ganzen Spaß. Bei Bild 3 seht ihr auf den ersten Blick eventuell gar keinen großen Unterschied und das war auch Absicht. Ich habe meine Gesichtszüge hier und da ganz unscheinbar perfektioniert: Schmaleres Gesicht und schmalere Kinnlinie, größere Augen, kleinere und schmalere Nase, größere und vollere Lippen, niedrigere Stirn, etwas dickere Augenbrauen. Hinterher noch die Augen aufgehellt und die Lippen nachgedunkelt. Easy und dafür wirkt es noch relativ natürlich. Als würde ich wirklich so aussehen. Aber wenn ihr auf Bild 4 schaut, seht ihr, dass ich dort wieder meine eigenen Gesichtszüge habe. Hier habe ich stattdessen ein Make-Up per Bildbearbeitung auf mein Gesicht gelegt. Kann ich mir in Zukunft die Zeit morgens sparen, oder?






Und so wird aus dem originalen Foto eine völlig fremde Version von mir. Eine Jacqueline, die es gar nicht gibt! So sehe ich nicht aus. Und das ist völlig okay so! Ich darf spärliche und dünne Augenbrauen, blasse Lippen, starke Augenringe, Schlupflider, straßenkötergraue Haare, einen uneinheitlichen Hautton, eine hohe Stirn, eine krumme Nase und insbesondere all meine Spuren der Dermatillomanie haben.* Ich bin und bleibe dennoch ich. Ich will jeden Tag versuchen, mit freundlichen Augen auf mich zu schauen und nie wieder in den Hass zu verfallen, den ich aus Teenagerzeiten kenne. Es bringt nichts, mich selbst aufgrund von Äußerlichkeiten runterzumachen, an denen ich sowieso nichts ändern kann. Ich bin ein wertvoller Mensch und mein Wert wird nicht durch mein Äußeres bestimmt! Die Menschen, die zählen, schauen sowieso hinter das Äußere und die, die das nicht können, dürfen mir fern bleiben. Ich bin mehr als meine Haut oder mein Skin Picking.

*Wundert euch nicht, dass ihr vielleicht nicht alles davon gut auf dem Foto erkennen könnt - meine Augenbrauen sind leicht nachgezeichnet, meine Haare gefärbt, meine Hakennase sieht man nur von der Seite... Die Wahrheit ist: Es gibt nur ein Original und das sitzt gerade in seinem Zuhause auf dem Stuhl am Schreibtisch. Auch die Linse einer Handy-, Digital- oder Spiegelreflexkamera verändert mein Aussehen und das teilweise drastisch, glaubt mir.

Im Nachgang möchte ich euch noch die restlichen Aufnahmen der Bildreihe zeigen, denn eigentlich hatte ich gedacht, dass ich nur ganz normal meine Haut zeigen will. Aber der letzte Post der "Eindrücke meiner Haut"-Reihe ist erst einen halben Monat her, von daher...




Auf dem letzten Bild erkennt man ganz gut, dass ich nicht nur die recht frischen Wunden und neueren Narben auf der Haut trage, sondern dass auch alte Narben mein Hautbild prägen. So viele Stadien von Hautheilung nebeneinander, wie spannend! Die ganz alten Narben erscheinen eher weißlich, sie können vermutlich nicht mehr so gut Melanin bilden!? Bin kein Profi, sorry. :D Aber diese weißlichen Narben sind auch das, was mir auf den Oberarmen und Schultern geblieben ist. Dort hat mein Skin Picking ja angefangen. Heute habe ich kaum noch was an diesen Körperpartien, aber die kleinen, hellen Narben verschwinden nie. Sie stören mich allerdings nicht und sind von Weitem auch gar nicht erkennbar, dafür muss man schon nah rangehen. Generell hat sich mein Blick auf meine sichtbaren Spuren des Skin Pickings sehr verändert. Hätte ich früher als Teenager mit Hass, Verachtung, Trauer und riesiger Scham auf diese Fotos geblickt, so empfinde ich heute eine ziemliche Neutralität. Ja, das bin halt ich. Na und? Ich habe mal anders ausgesehen, aber meine Haut wird nie wieder so unversehrt sein wie vor dem Beginn meiner BFRB-Erkrankung. Das ist aber völlig in Ordnung! Ich will auch gar nicht, dass die Narben komplett verschwinden. Eines Tages wird meine Haut weiter verheilt sein und es werden keine neuen Narben mehr hinzukommen, aber das Alte darf bleiben. Es erinnert mich stets daran, dass ich all das geschafft habe und schon immer größer war als das Skin Picking.

20. September 2022

Rezension - "Frieden mit meiner Haut"

Hey hey! :)
 
Ich hatte euch im Juli davon berichtet, dass ein weiteres deutschsprachiges Buch über Skin Picking erschienen ist, was hauptsächlich die Geschichten von (ehemals) Betroffenen erzählt, die sich als (überwiegend) geheilt ansehen. Über die vergangenen Tage habe ich das Buch, welches mir als Rezensionsexemplar vom Verlag zugesendet worden ist, durchgelesen. Das heißt, heute möchte ich euch eine kleine (well... ist doch nicht sooo klein) Rezension schreiben, die euch bestenfalls bei der Entscheidung helfen kann, ob das Buch etwas für euch sein könnte oder nicht.

Zuerst zu den Eckdaten des Buchs:
Titel: Frieden mit meiner Haut. Wege, Skin Picking zu überwinden
Erscheinungsdatum: Juli 2022
Verlag: Mabuse-Verlag (Frankfurt am Main)
Autoren: Ingrid Bäumer und Christina Gallinat
ISBN: 978-3-86321-615-3
Bestellbar über den Verlag oder über Amazon.
Preis: 19 Euro
Seitenanzahl: 176 Seiten

Nun ganz grob zu den Inhalten des Buchs, damit ihr wisst, was ihr im Buch finden könnt und was nicht. Das Buch hat 6 Kapitel bzw. Abschnitte, die sich wie folgt aufgliedern: Vorwort, Teil A mit den Geschichten der Betroffenen, Teil B mit Infos zur Wirksamkeit von Therapieverfahren, Teil C mit Infos zur Selbsthilfe und zu guter Letzt die Danksagung und die Medienempfehlungen sowie Quellenangaben. Es ist ganz klar, dass der Teil A das Herzstück des Buches und gleichzeitig auch die Intention hinter diesem Buch ist (daher auch von mir großen Respekt und noch größeres Danke an alle, die ihre Geschichte beigesteuert haben!). Mit knapp 100 Seiten nimmt dieser Abschnitt folglich den größten Raum ein, was meiner Meinung nach definitiv berechtigt ist. Ihr findet hier 11 Betroffene mit ihren ganz individuellen Geschichten, Heilungswegen und Learnings; darunter auch Ingrid Bäumer und Angela Hartlin, die Vorreiterin in Sachen Öffentlichkeitsarbeit aus Kanada.

Ein wenig überraschender, aber dennoch wichtiger Hinweis: Die gleich folgende Rezension von "Frieden mit meiner Haut" basiert auf meiner persönlichen Meinung und Leseerfahrung. Ihr als Betroffene mit einer eventuell völlig anderen Krankheitsgeschichte könntet das Buch ganz anders lesen und empfinden als ich. Seid euch dessen bitte bewusst! Dennoch freut es mich, wenn euch meine Einschätzung hilft oder sogar motiviert, das Buch zu erwerben. Schließlich würden eure ganz individuellen Learnings in dem Buch warten.

Zuerst möchte ich loswerden, dass ich das Vorwort schön geschrieben und sehr einladend fand. Es enthielt außerdem bereits einige wichtige Hinweise zum Thema und hat knapp erläutert, was in welchem Kapitel auf die Leser wartet. Dadurch war ich richtig eingestimmt und die Geschichten der Betroffenen standen nicht so leer ohne Einleitung da. Es gab dazu auch eine kurze Erklärung der wichtigsten Begriffe, was für mich persönlich überflüssig ist, da ich mit den Begriffen gut vertraut bin und mich schon sehr lange intensiv mit dem Thema beschäftige. Aber für Betroffene, die erst am Anfang ihrer Auseinandersetzung stehen, könnte das hilfreich sein.

Danach folgten bereits die Geschichten der Betroffenen, die Kern meiner Rezension werden und hier möchte ich eins anmerken: Ich habe mich dazu entschieden, die einzelnen Lebens- und Heilungswege der Betroffenen nicht zu kommentieren oder gar zu bewerten. Erstens will ich in dieser Rezension nichts vorwegnehmen, zweitens werden sehr persönliche und intime Informationen geteilt, die ihr bitte selbst direkt im Buch lesen sollt/müsst und drittens sehe ich mich nicht annähernd in der Position, diese Geschichten zu kommentieren. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, was ich stattdessen in meine Rezension schreiben werde und das kann ich euch gerne beantworten. Ich werde versuchen, euch ein paar Stichworte zusammenzuschreiben, die den Versuch wagen, zu beschreiben, was mir die Geschichten mitgegeben haben oder was hängengeblieben ist. Es sind also Erkenntnisse, Learnings und Impulse meinerseits, die ich während des Lesens hatte. Dabei werde ich mit einer Ausnahme auch darauf verzichten, die Namen oder Pseudonyme der jeweiligen Geschichte zu nennen. Zum Ende möchte ich ein Fazit zum Buch insgesamt ziehen und eine endgültige Empfehlung aussprechen.

Die Ausnahme von Namensnennungen betrifft Ingrids Geschichte, weil sie in der Community bekannt ist und eine sehr tragende Rolle spielt. Sie steht in diesem Buch mit ihrem Namen für ihre Geschichte und teilt schonungslos offen und ehrlich, wie es ihr mit dem Skin Picking ergangen ist. In Teilen war das Gelesene neu für mich, andere Teile waren mir bereits bekannt, weil ich schon so lange mit Ingrid in Kontakt stehe. Trotzdem zeigte sie auch für mich eine völlig neue und bisher unbekannte Art der Verletzlichkeit, die meiner Meinung nach genau richtig für dieses Buch war. Ich war sehr fasziniert von Ingrids Geschichte und davon, welche Umwege oder unkonventionellen Wege sie genommen hat, um ihre persönlichen Erfolge zu erzielen. In ihren Zeilen fand ich sehr schnell eins meiner ersten Learnings zum Thema Heilung: Dass es ein Ideal ist, welchem wir Betroffene uns nähern und dass es im Englischen eine passende Bezeichnung dafür gibt, nämlich "in recovery". Es ist ein Weg der Heilung, keine Station, die man einmal ganz erreicht und für immer dort verweilt. Außerdem beschreibt Ingrid im Zusammenhang mit dem Weg der Heilung ein Gefühl von Befreiung. Als ich versucht habe, mir dieses Gefühl vorzustellen, habe ich mich gefragt, was es für mich persönlich bedeuten mag, frei von Skin Picking zu sein. In welchen kleinen oder großen Momenten könnte mir diese Freiheit auffallen? Eine extrem spannende Frage, wie ich finde und so hat mich bereits die erste von 11 Geschichten zum Nachdenken angeregt. Dazu gehörte auch, dass Ingrid einen Perspektivwechsel auf ihr Skin Picking erlebt hat, welchen sie in jüngeren Jahren wohl nie für möglich gehalten hätte. Und das ist etwas, was ich euch gerne mitgeben möchte! Auch, wenn ihr glaubt, dass ihr euer Skin Picking für immer verabscheuen werdet, könnte es sehr gut sein, dass ihr in 5, 10, 15 Jahren eine neue Sichtweise kennengelernt habt. Ein Letztes, was mir Ingrid mitgegeben hat: Eigenlob stinkt nicht, sondern duftet himmlisch! Wir dürfen und sollten öfter mal stolz auf uns und unsere vielleicht noch so kleinen Erfolge sein. Das stärkt unseren Selbstwert und den können wir verdammt gut gebrauchen. Danke Ingrid für diese ganzen wichtigen Impulse!

Meine weiteren Erkenntnisse, Learnings und Impulse (nicht vollständig, da ihr ganz sicher viele andere Learnings haben werdet):
  • Skin Picking kann sich wie ein sich ständig wiederholender Kontrollverlust anfühlen - wie etwas, was die vollkommene Macht über uns besitzt. Oft haben wir Betroffene das Gefühl, den Einschränkungen komplett ausgeliefert zu sein. Aber wenn wir aktiv erste Schritte in Angriff nehmen, dann können wir merken, dass wir gar nicht so machtlos sind wie wir oft glauben. Wir können Dinge in die Hand nehmen und uns dadurch ein Gefühl von Selbstermächtigung schenken.
  • Weil Skin Picking so schambehaftet ist, ist es eine Erkrankung, die viele Betroffene einzig mit sich selbst ausmachen. Das ganze Leid, die kreisenden Gedanken, die vielen unterschiedlichen und teilweise sehr starken Gefühle - ganz schön viel für eine Person allein. Was für eine Bedeutung und Kraft es hat, sich zu öffnen (egal, ob in Therapie, in einer Selbsthilfegruppe oder gegenüber seinen Lieben), ist mir bei der Lektüre erneut bewusst geworden. Dadurch können wir nicht bloß endlich mal loslassen, sondern auch besser strukturieren, was uns sonst als wirres Wollknäuel im Gehirn rumspringt.
  • Dermatillomanie zeigt sich nicht bloß auf der Haut, es kann das ganze Leben einer betroffenen Person beeinflussen. Wenn wir uns zum Beispiel aus Scham verstecken, dann schränken wir uns einerseits ein und sorgen andererseits unbeabsichtigt dafür, dass wir einen Teil unserer Person zurückhalten und verleugnen. Dadurch können wir uns schlimmstenfalls selbst fremd werden oder gar verlieren. Und mir ist klar geworden, dass dieser Aspekt sehr stark auf mich zutrifft/zugetroffen hat. Die jüngere Jacqueline war überhaupt nicht sie selbst, sondern stand neben sich und war sich fremd. Dadurch, dass ich mir so viele Jahre meines Lebens fremd war (gerade in der Zeit des Lebens, wo wir uns selbst finden wollen und sollen), weiß ich eigentlich ziemlich wenig über mich und das bis heute. Mein Skin Picking ist nicht der einzige Grund dafür, aber mir ist beim Lesen des Buches deutlich geworden, wie schlecht ich mich selbst, mein Kindheits-Ich und mein Teenie-Ich kenne... Das war eine bittere Erkenntnis.
  • Damit verbunden war das Learning, dass Selbstwahrnehmung eine echte Grundkompetenz ist, die wir nicht unterschätzen sollten. Es ist total wichtig, dass wir unsere eigenen Gedanken, Gefühle, Verhaltensmuster, Eigenschaften und Bedürfnisse kennen- und verstehen lernen.
  • Das kann uns wiederum dabei helfen, unsere eigenen Grenzen festzulegen, sie gut zu kennen und auch zu wahren. Skin Picking ist oft auch mit viel grenzüberschreitenden Erfahrungen verbunden und das, obwohl Grenzen für uns von besonders hoher Relevanz sind. Man lernt leider nicht von heute auf morgen, wie man seine Grenzen am besten schützt, denn das ist ein vermutlich lebenslanges Unterfangen.
  • Perfektionismus und Skin Picking sind beste Freunde, scheint mir. Ich bin, wie viele andere Betroffene auch, eine absolute Perfektionistin, was mir im Leben oft unnötig viel Frust bereitet. Obwohl mir das eigentlich total bewusst ist, habe ich beim Lesen einer der Geschichten gemerkt, wie weit das wahre Ausmaß des Perfektionismus reicht und mit wie vielen negativen Glaubenssätzen er eigentlich verbunden ist. Klar, Perfektionismus hat auch seine Funktionen und kann wie eine Orientierungsstütze wirken, aber man muss echt aufpassen, dass es nicht der einzige Wegführer für einen wird. Denn niemand ist perfekt und es gibt keine absolute Sicherheit im Leben.
  • Betroffene von BFRB's wie Skin Picking müssen sich häufig mit extrem viel Unverständnis aus ihrem Umfeld herumschlagen. Solange sie selbst noch nie von den Begriffen gehört haben, glauben sie vielleicht sogar, was ihnen das Umfeld direkt oder indirekt vermittelt. Dabei sind wir gar nicht komisch, willensschwach oder Ähnliches! Es gibt da draußen ganz viele andere Betroffene, die unsere Gefühle und Gedanken nur allzu gut nachempfinden können. Ich habe in diesem Buch auf komplett neue Weise verstanden, wie unfassbar wichtig Aufklärung ist. Wir als Betroffene MÜSSEN die Erkrankung bestmöglich verstehen und auch die Gesellschaft oder Fachpersonen sollten ein viel ausgeprägteres Verständnis davon bekommen! Betroffene leiden vieeeeel zu lange, ohne auch nur im Ansatz Bescheid zu wissen. Das muss sich ändern!
  • "Skin Picking ist ein Teil von uns". Wie fühlt ihr euch, wenn ich diesen Satz so in den Raum werfe? Fühlt sich das vielleicht ernüchternd oder provozierend an, weil ihr nicht möchtet, dass es ein Teil von euch bzw. eurem Alltag ist? Oder fühlt sich das mehr nach liebevoller Akzeptanz an, weil ihr nicht länger mit erhobenen Waffen gegen euch vorgehen wollt? Ich habe das bisher immer eher aus der zweiten Perspektive gesagt, weil ich das Skin Picking anerkennen und sehen möchte, bevor ich daran arbeiten kann. Eine der Geschichten hat mir den Impuls gegeben, zu reflektieren, was diese Aussage (noch) bedeuten könnte und inwiefern sich die Bedeutung davon im Laufe der Heilungsgeschichte verändern kann.
  • Verbunden mit der Selbstwahrnehmung ist auch die Selbstachtung. Unsere eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ziele sind etwas wert und dürfen verfolgt werden. Nein, sie sollten es sogar! Wer verfolgt sie, wenn nicht wir selbst? Eine betroffene Person hat in ihrem Unterkapitel davon berichtet, dass sie erst recht spät im Leben gelernt hat, für sich selbst zu leben und die eigenen Wünsche zu verfolgen und nicht nur die Erwartungen von Anderen zu erfüllen.
  • Stress ist für mich sehr negativ konnotiert und etwas, was ich eigentlich partout vermeiden will. Leider ist das nicht immer möglich und bis zur Lektüre dieses Buches dachte ich nicht selten, dass ich selbst der Fehler in der Rechnung wäre. Also dass es an mir und meinen unzureichenden Kompetenzen liegen würde, dass ich immer wieder viel Stress erlebe und damit nicht gut umgehen kann. Aber ich durfte ein sehr wichtiges Learning mitnehmen, welches da wäre, dass Stress zum Leben dazugehört. Wir können wenig daran ändern, dass es stressige Ereignisse oder Lebensphasen gibt. Jeder Mensch erlebt diese und jeder Mensch geht damit anders um. Wir alle brauchen Wege, um uns zu regulieren und zu entspannen. Person A nimmt Weg a, Person B nimmt Weg b und wir nehmen bisher noch den Weg des Skin Pickings. Aber eines Tages werden wir andere Wege finden, da bin ich mir sicher!
  • Akzeptanz ist nicht gleich Resignation! Nur, weil wir unseretwillen versuchen, dem Skin Picking mit mehr Akzeptanz gegenüberzutreten, heißt das nicht, dass wir es gut finden und für immer in unserem Leben behalten wollen. Akzeptanz macht es uns aber sehr viel einfacher. Falls euch das Thema genauer interessieren sollte, kann ich euch empfehlen, in die Podcastfolge Nr. 27 von Christinas Podcast reinzuhören. Ich fand, dass das eine ihrer besten Podcastfolgen gewesen ist.
  • Während Ingrids Geschichte mir mitgegeben hat, dass Heilung ein Weg ist, habe ich im späteren Verlauf des Teils A verdeutlicht bekommen, dass Heilung wirklich nicht bloß das reine Verhalten oder das Hautbild betrifft. Heilende Impulse können von so vielen verschiedenen Seiten kommen und sich dann addieren. Und obwohl Betroffene das Verhalten noch hin und wieder zeigen, können sie sich als (weitgehend) geheilt ansehen, weil sie keine Einschränkungen mehr erleben.
  • Auf dem Weg der Heilung müssen wir eine Menge Anstrengungen auf uns nehmen und viel an uns selbst ändern. Aber wo sollen wir anfangen? Was hat oberste Priorität? Falls euch Fragen dieser Art auch beschäftigen sollten, dann findet ihr folgenden Impuls wahrscheinlich auch ganz hilfreich: Das Handeln vor den Gefühlen und Gedanken ändern zu wollen, ist unmöglich. Die Arbeit an unserer Gefühls- und Gedankenwelt muss die Basis sein und darauf aufbauend kann das Handeln Stück für Stück verändert werden. Das war mir vorher gar nicht wirklich bewusst.
  • Vielleicht ist euch das schon völlig klar, aber mir hat die Einsicht geholfen, dass Heilung kein passiver Vorgang ist, der mit einem passiert. Heilung ist ein aktiver Prozess von innen heraus, der bei Bedarf von Fachpersonen unterstützt werden kann. Aber niemand Anderes als ihr selbst kann diese Reise auf sich nehmen, es ist eure Verantwortung!
  • Zum Ende der Betroffenengeschichten kam mir nochmal eine weitere bittere, aber hilfreiche Erkenntnis, die ich hier nur andeuten werde. Es ging darum, dass unsere psychische Gesundheit und unser allgemeines Wohlbefinden die zwei größten und wichtigsten Schlüsselfaktoren sind, um heilen zu können. So weit, so gut. Das klingt ziemlich logisch, oder? Aber als ich das gelesen habe, hatte ich einen dieser Momente, in denen mir klar wird, dass es mir nicht gut geht und auch die vergangenen Jahre nicht gut ging, im Gegenteil. Und solange sich das nicht ändert, werde ich das Skin Picking nicht loswerden.
  • Heilung zu erreichen, ist etwas, was einem wieder genommen werden kann. Ja, Heilung ist ein Weg, aber dieser Weg wird in den wenigstens Fällen an seinem Ende eine feste und sichere Endstation bereithalten. Heilung ist kein endgültiger Zustand, sondern etwas, was lebenslange Arbeit erfordert und durch äußere Zustände leider wieder zunichtegemacht werden kann. Was daran aber ermutigend sein könnte: Wenn ihr es einmal geschafft habt, werdet ihr es mit Sicherheit ein zweites Mal schaffen!
  • Zu guter Letzt: Wir sollten uns in Selbstvergebung üben! Wir können nichts dafür und haben uns die Erkrankung nicht ausgesucht. Wir haben Mitgefühl verdient, auch von uns selbst. Das ist keine leichte, aber eine mögliche Aufgabe! Wir können das lernen. Vielleicht hilft es euch, das über andere Betroffen zu lernen - das geht besonders gut über Selbsthilfegruppentreffen. Da könnt ihr sehen, dass die anderen Betroffenen einfach nur ganz liebe, wunderbare Menschen sind, die das Beste der Welt verdient haben. Eventuell könnt ihr das dann im zweiten Schritt auf euch selbst übertragen. Ihr seid schließlich genauso wunderbar!
Wow, das sind eine Menge Stichpunkte geworden, entschuldigt... Aber es ist ja auch ein ganz wertvolles Buch mit vielen super wichtigen Messages, die jeder Betroffene wissen sollte. Es werden auch sehr, sehr viele berührende, mitfühlende und empowernde Worte geteilt - in dem Sinne ist "Frieden mit meiner Haut" wie eine wohlig-warme Decke, die euch in den Arm nimmt. Ich glaube, dass sich die verschiedenen Geschichten gut ergänzen und so jeder Leser irgendetwas mitnehmen können sollte. Dennoch gibt es einen klitzekleinen negativen Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Denn es gab einen Satz in einer Geschichte, den ich schwierig und sogar deplatziert fand... Dieser Satz war "Lasst euch nicht mehr triggern!" und ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich hatte beim Lesen nur Fragezeichen im Kopf und die haben sich bisher noch nicht gelöst. Vor allem, weil im Satz vorher noch anerkennend gesagt wird, dass jeder so seine Triggerpunkte hat. Was hilft es, direkt im Anschluss zu sagen, dass wir uns nicht mehr triggern lassen sollen!? Das ist doch wie der Satz "Hör doch einfach auf!" - sorry, aber wenn das ginge und wir wissen würden, wie wir das machen sollen, dann würden wir es tun. Daher fällt dieser Satz für mich völlig aus dem Rahmen und gehört für mich auch nicht in dieses Buch. Vielleicht verstehe ich das Ganze allerdings auch falsch, dann helft mir gerne.

So, nun zum endgültigen Fazit und der Frage, ob ich "Frieden mit meiner Haut" empfehlen würde! Vielleicht Letzteres zuerst, denn wahrscheinlich könnt ihr euch die Antwort schon denken. Ja, selbstverständlich würde ich das Buch anderen Betroffenen empfehlen! Ich fand die Idee von Ingrid schon von Anfang an so super, dass ich mich die ganze Zeit gefreut habe, bis das Buch erschienen ist. Es kann absolut nicht schaden, wenn wir uns häufiger und mit mehr Nachdruck daran erinnern, dass Heilung möglich ist. Die 11 integrierten Lebens- und Heilungswege zeigen nicht bloß, dass es möglich ist, sondern dass es auch unzählige verschiedene Wege gibt, die zum Ziel führen. Ich glaube, dass ihr euch mit diesem Buch einen wunderbaren Mutmacher und Hoffnungsgeber ins Haus holt. So vieles von dem, was ich anderen Betroffenen auf ihrem Weg gerne mitgeben würde, steckt in diesen 176 Seiten!

Was mich persönlich betrifft, muss ich zugeben, dass mir die Lektüre zwar einige Dinge wieder ins Bewusstsein gerückt hat und dass ich auch immer wieder reflektiert und vieles auf emotionaler Ebene besser verstanden habe, aber dass ich dennoch nicht wirklich brandneue Informationen erhalten habe. Ich merke das in letzter Zeit immer wieder, dass es für mich (im Vergleich zu anderen Betroffenen) wenig(er) Neues gibt. Ich beschäftige mich bald seit einem Jahrzehnt mit Skin Picking allgemein und dem Skin Picking, wie es sich bei mir verhält. Auf die Erkrankung allgemein bezogen habe ich einen solide ausgebauten Wissensschatz und ein sehr gutes Verständnis. Ich kenne Skin Picking einfach, Punkt. Auf mich selbst trifft das weniger zu, denn wie oben in meinen Learnings schon angeklungen ist, weiß ich über mich selbst sehr viel weniger als ich bisher dachte. Meine Kindheit und Jugend, meine Emotionen, Gedanken und Glaubenssätze, meine seelischen Verletzungen und Traumata - die sind für mich oft wie in einem dichten Nebel versteckt. Vieles davon habe ich auch jahrelang verdrängt oder unterdrückt, sodass ich Meister darin geworden bin, meinen Blick in eine andere Richtung zu lenken. Das bringt mich zur Verfestigung einer Erkenntnis, die sich schon seit einiger Zeit anbahnt... undzwar, dass ich glaube, alleine nicht mehr so viel weiter zu kommen, was meinen Heilungsweg mit Skin Picking angeht. Solange mein Leben in einem Zustand wie aktuell bleibt, sowieso nicht. Ich brauche Therapie(n). In einer Therapie warten ganz sicher viele neue Erkenntnisse und die wahre Arbeit, die ich mir bisher erspart habe. Ich muss mit Unterstützung gewisse Themen aufarbeiten, die noch zu viel Einfluss haben. Wenn ich das schaffen würde, hätte ich ein viel größeres Heilungspotential, vermute ich. Das ist das, was ich brauche. Aufklärung und Tools/Strategien/Tipps brauche ich nicht mehr, die sind mir bekannt. Ich vermute, dass mich mein Heilungsweg zu drumherumliegenden Themen führen wird, die eher indirekt mit dem Skin Picking zu tun haben. Darauf bin ich gespannt! Eines fernen Tages....
 
Alles in allem also ein großartiges und empfehlenswertes Buch, welches ich trotz des eben beschriebenen Umstands gerne gelesen habe. Niemals hätte ich auf die Lektüre verzichten wollen.

28. August 2022

Ein paar Fotos meiner Haut

Momentan vergeht die Zeit gefühlt sehr, sehr schnell, sodass mir der Wechsel von einem Hautzustand in den nächsten stärker auffällt als gewöhnlich. Während ich die meiste Zeit im August mit einem (sehr) guten Hautzustand gesegnet war, ging es jetzt seit ungefähr einer Woche wieder leicht bergab. Ist es der Zyklus? Ist es doch irgendein unbewusster Stressor? Ist es die weniger sorgfältige Nutzung des einen neuen Produkts, von dem ich den Eindruck hatte, dass es mir ziemlich gut hilft? Was ist es? Ich weiß es noch nicht so ganz und werde es weiter beobachten... Währenddessen versuche ich, mich nicht in den Strudel ziehen zu lassen. ICH habe mehr Macht darüber, als ich glaube. Ohne mir (wie ich es vor einigen Jahren noch oft tat) eine Übermacht zusprechen zu wollen: Ein paar Zügel habe ich doch in der Hand. Denn ICH habe die Erkrankung, die Erkrankung hat nicht mich. Ich bin größer als sie. Reminder an mich selbst.
 
Aber bevor ich mich zu sehr in solchen Gedanken verliere, zeige ich euch einfach ein paar Bilder, die ich bisher noch nicht gepostet habe:
 





 
Die ersten Bilder sind noch Ende Juli (offensichtlich direkt nach einer kleinen SP-Episode) entstanden, wo ich - genauso wie jetzt - einen Dämpfer nach einem guten Hoch erlebt habe. Genauso wie jetzt ärgerte ich mich darüber, obwohl ich mich nicht ärgern wollte. Und wisst ihr, es ist so interessant: Ich habe wenige Wochen darauf wieder Halt gefunden und mich in das letzte erwähnte Hoch katapultiert. Es kamen einige sehr günstige Umstände zusammen, sodass ich dieses Hoch echt lange halten und gut ausbauen konnte. Man, war meine Haut gut!! An meinem Geburtstag Mitte August gab es (wie hier beschrieben) ein Erlebnis, wo ich deswegen sogar richtig emotional geworden bin. Und diese Emotionalität hat mich eine weitere Woche lang geprägt: Ich habe mich weitere 7 Tage lang mehrmals täglich über meine Haut gefreut, bin dankbar gewesen und konnte es teilweise gar nicht richtig glauben. Ich habe den Workshop in Köln sowie die beiden Drehtage mit einem unfassbar guten Hautzustand bestritten. Davon ist jetzt leider nicht mehr allzu viel zu sehen... Aber wer weiß, wie es weitergeht. Ich möchte optimistisch sein!

Die Bilder von meinem Dekolleté sind am 7. August entstanden. Ich wollte einfach mal ein paar Detailaufnahmen davon im Tageslicht haben. Das war meine Haut auf einem soliden Weg der Heilung, präsentiert im feinsten Sonnenschein Norddeutschlands. So oder so ähnlich sieht meine Haut die meiste Zeit aus. Sie ist vielfach gezeichnet und bei Weitem nicht perfekt. Aber mir ist eins klar geworden: Je älter ich werde, je mehr Menschen ich sehe und je mehr ich drüber nachdenke, desto absurder finde ich das Idealbild einer makellosen Haut. Die hat doch fast niemand!? Nicht mal Models und Werbegesichter haben sie, denn sie wird ihnen ja durch Bearbeitungsprogramme im Nachhinein verliehen. Trotzdem war das früher auch mein ultimatives Ziel, so auszusehen. Ich habe mich geärgert, geschämt und war traurig, weil ich dieses Ziel nie erreichen konnte. Und irgendwie dachte ich sogar, ich wäre die einzige Person, die diesem Schönheitsideal partout nicht entsprechen konnte. Aber heutzutage erkenne ich, dass die wenigsten Menschen Schönheitsidealen entsprechen und dass es auch gar nicht so erstrebenswert ist wie ich als junges Mädchen dachte. Es macht mir nichts mehr aus, gezeichnet zu sein. Es ist doch nur meine Lebensgeschichte, die hinter all den Spuren auf meiner Haut steckt. All die Wunden und Narben erzählen einen Teil meiner Geschichte und repräsentieren die kleinen und großen Erfolge! Deshalb darf meine Haut Narben tragen undzwar für immer, denn sie gehören zu mir. Ich bin nicht dafür geboren, makellose Haut zu haben. Je eher ich lerne, das tief in mir zu akzeptieren, desto eher wird der Groll in mir versiegen.

Ein paar Worte zum Sonntag. Bis bald, ihr Lieben!

27. Juli 2022

Mein drittes Herzensprojekt

Zuletzt waren meine Beiträge oft eher textlastig, heute gibt es wieder mehr für die Augen! :)
 
Kennt ihr noch mein erstes Herzensprojekt? Es ist inzwischen 2,5 Jahre her und der Idee entsprungen, meine Haut und die Spuren des Skin Pickings mal aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Ich war es irgendwie satt, jeden Tag so viel Negatives damit zu verbinden. Also habe ich den Fingern ermöglicht, anders mit meiner Haut umzugehen, als sie immer nur zu drücken und zu kratzen. Ich habe mir einen weißen Kajal geschnappt und einige meiner Stellen mit einem Herz umrahmt. Als Zeichen von (Selbst-)Liebe, Vergebung und Akzeptanz. Als Zeichen einer versöhnlichen Annäherung, wenn man so will. Anschließend habe ich von dem Ergebnis Fotos gemacht und was soll ich sagen? Ich mag das Herzensprojekt bis heute!

Etwas mehr als ein Jahr später, im April 2021, habe ich ein zweites Herzensprojekt umgesetzt. Diesmal habe ich mit einer anderen Farbe und einem anderen Medium gearbeitet: Rote Strasssticker in Herzchenform. Die habe ich auf meinem Gesicht verteilt undzwar tatsächlich genau da, wo ich Pickel oder Wunden hatte. Ich wollte mit den daraus entstandenen Fotos genau das gleiche Gefühl fühlen, genau die gleiche Erfahrung machen und genau die gleiche Message weitergeben wie beim ersten Herzensprojekt. Ich würde sagen, dass ich das auch geschafft habe, obwohl ich die Aufnahmen einem ganz anderen Beitrag gewidmet habe: Dem Blogpost über meine Mobbingerfahrungen. Dadurch haben die Bilder noch eine weitere, sehr tiefgehende und persönliche Bedeutung erhalten.

Da alle guten Dinge drei sind... seht ihr gleich mein drittes Herzensprojekt, von dem ihr auch schon eine Sneak-Peek erhalten habt.. Rot ist hier wieder die Farbe der Wahl, aber diesmal habe ich mich lediglich auf mein Dekolleté konzentriert (beim ersten Mal waren es Gesicht und Dekolleté, beim zweiten Mal nur das Gesicht). Ich hatte eine sehr große, rote und entzündete Stelle auf der Brust, die für mich Ausgangspunkt des Bedürfnisses war, das Herzensprojekt nochmal zu machen. Mit Stellen dieser Art tue ich mich in vielerlei Hinsicht schwer... Einerseits sind sie extrem triggernd und ich bearbeite sie meistens mehrmals und mit besonders viel Druck. Andererseits stechen sie sofort ins Auge, sind schwerer abzudecken und heilen langsamer. Doch durch das Herzensprojekt habe ich diese Stelle in etwas Künstlerisches verwandelt! Viel Vergnügen mit den Bildern:





Wisst ihr, was das Schönste für mich wäre? Wenn ich euch dazu ermutigen/inspirieren kann, eure eigenen Projekte umzusetzen. Wenn ihr euch künstlerisch-kreativ ausprobiert, euch einen ganz anderen, vielleicht ungewohnten Umgang erlaubt und zumindest für einen Moment aus der alltäglichen Perspektive entflieht. Wenn ihr das fotografisch festhaltet, habt ihr das Ganze sogar für die Zukunft eingefangen und könnt immer wieder erkennen, dass es in euren betroffenen Hautstellen viel mehr zu sehen gibt als das Negative, das Störende, das Blöde. Im Alltag sind wir dafür möglicherweise blind, aber durch diese Form der Auseinandersetzung öffnen wir unseren Blick dafür. Glaubt mir, ihr könnt das auch!

22. Juli 2022

Wofür es sich lohnt

Guten Abend!
 
Vor ein paar Wochen wurde bei uns in einem Selbsthilfegruppentreffen ein ganz bestimmtes Thema angeregt, mit dem wir uns in einem der nächsten Treffen dann auch die vollen 120min beschäftigt haben. Ein spannendes und ziemlich wichtiges Thema! Es treibt bestimmt viele, viele Betroffene immer wieder um - das habe ich auch im letzten Treffen gemerkt, als es wieder aufkam. Deshalb dachte ich mir: Warum verarbeite ich das Ganze nicht mal in einem Blogbeitrag? Auch, wenn es den wunderbaren Austausch, den wir dazu innerhalb der SHG hatten, nicht ansatzweise ersetzen kann (schade, dass ich nicht ein wenig mitgeschrieben habe...), so ist es doch eine kleine Ansammlung von Impulsen zu dem Thema. Denn ich habe mich für die Moderation des besagten Themenabends auch vorbereitet und mich dazu zum Beispiel mit meinem Freund als Angehöriger und der lieben Janika als weitere Betroffene ausgetauscht. Das heißt, ihr werdet in diesem Post hauptsächlich meinen vorbereiteten Input erhalten, der jedoch gerne um eure eigenen Gedanken ergänzt werden darf! Denn vollständig sind diese Überlegungen ganz sicher nicht, das habe ich im Austausch mit den anderen Betroffenen in der Gruppe sehr eindeutig festgestellt.

Doch worum geht es nun? Tja, stellt ihr euch vielleicht manchmal eine oder mehrere der folgenden Fragen?:
 
Wie schafft man es, sich trotz der vielen Rückschläge immer wieder dazu zu motivieren, mit dem Skin Picking aufzuhören?
Warum sollte man überhaupt an sich und dem Skin Picking arbeiten, wenn es doch sowieso immer Tiefphasen und Rückfälle gibt?
Wofür lohnt es sich, sich aufzuraffen und eines Tages frei davon zu sein?
Was kann uns (immer wieder neu) Motivation schenken?

Dann seid ihr hier genau richtig! Darum soll es gehen. Ich glaube, es gibt auf diese Fragen sehr viele hilfreiche und wertvolle Antworten, die bestimmt auch individuell bzw. subjektiv sind. Das ist auch logisch, denn es braucht meiner Meinung nach einen ganz persönlichen Motivator, damit er Kraft hat und funktionieren kann. Was bringt es mir, wenn ich es mit Motivator xy von wem anders probiere, der für mich aber gar nicht passt!? Deswegen möchte ich darauf hinweisen, dass die Arbeit nicht damit getan ist, diesen Post zu lesen. Wenn ihr noch auf der Suche nach Antworten auf die obigen Fragen seid, dann setzt euch ruhig immer wieder damit auseinander und findet euren ganz eigenen Weg. Stellt euch euren eigenen Rucksack mit Gründen zusammen, weswegen ihr auf die Reise geht! Nehmt diesen Rucksack mit und vergesst nicht, welche Kraft er schenken kann.

Zum Einstieg möchte ich zwei, drei Tipps teilen. Der erste Tipp ist ganz schnell abgehandelt: Ich habe euch neulich das neue Buch "Frieden mit meiner Haut" von Ingrid und Christina vorgestellt - in den Geschichten der Betroffenen dürften sich ganz bestimmt viele Anregungen und Inspirationen finden! Ein Grund mehr, sich dieses wunderbare Buch nicht entgehen zu lassen! Übrigens habe ich ein Rezensionsexemplar erhalten und werde euch noch einen Rezensionspost zum Buch verfassen. Jetzt aber erst einmal zu einem anderen Buch, das ich vor einiger Zeit gelesen und auf meinem Blog vorgestellt habe: "Skin Picking. The freedom to finally stop" von Annette Pasternak (inzwischen hat Annette ein zweites Buch veröffentlicht). Auch dieses Buch fand ich in diesem Kontext hilfreich. Falls ihr bisschen mehr darüber erfahren mögt, könnte die kleine Postserie, die ich dazu verfasst habe, eventuell etwas für euch sein (dann hier klicken)? Innerhalb dieser Postserie habe ich verschiedene Kapitel, Aspekte und Übungen aus dem Buch genauer behandelt - zum Beispiel habe ich euch in dem einen Teil auch motivierende Sprüche abfotografiert, die ich aus dem Buch gesammelt habe. Aber es gibt in dem Buch auch eine ganz wunderbare Übung, die ihr machen könnt und die euch zu Antworten verhelfen kann. Innerhalb dieser Übung legt man eine Tabelle mit zwei Spalten und zwei Zeilen an, sodass man vier Felder zum Ausfüllen hat. Diese vier Felder tragen folgende Titel: Pro's of picking, con's of picking, pro's of NOT picking und con's of NOT picking. Ihr überlegt euch also, was für euch persönlich die Vor- und Nachteile am Skin Picking, aber auch die Vor- und Nachteile davon sind, kein Skin Picking mehr zu betreiben. Am Ende erhaltet ihr zwei Felder bzw. streng genommen ein Feld, was euch Motivation schenken sollte: Die Vorteile davon, kein Skin Picking mehr zu betreiben (+ die Nachteile vom Skin Picking). Wenn man sich intensiv Gedanken macht bei dieser Übung, wird man schnell merken, dass viele Bereiche des Lebens berührt werden, die über die sichtbaren Konsequenzen auf der Haut hinausgehen. Körperliches Wohlbefinden, Schlaf, Fokus und Konzentration, Selbstwertgefühl, Sozialverhalten und noch vieles mehr.

So viel zu den Tipps. Nachfolgend liste ich euch ein paar der Ideen von mir, meinem Freund und Janika auf, die wir zu den oben genannten Fragen hatten.
  • Alternativlosigkeit: Das mag im ersten Moment stumpf wirken, aber ganz ehrlich? Es ist doch wahr! Was wäre denn die Alternative und käme sie überhaupt infrage? Nichts tun (quasi "aufgeben") und womöglich trotzdem unter den Konsequenzen leiden, vielleicht sein Leben lang? Drauf warten, dass es sich von allein auflöst? Der Erkrankung und dem Verhalten die vollkommene Macht über sich selbst, sein Leben und das eigene Wohlbefinden geben? Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich klingt das nicht nach einer erstrebenswerten Alternative - das Leben ist zu kurz dafür. Und vor allem: Das Leben geht weiter. Wenn ihr der Überzeugung seid, dass Heilung/Recovery sowieso nicht möglich ist (für euch), dann sage ich euch eins: Doch das ist es! Es gibt ehemalige Betroffene, die zeigen konnten, dass es ein "danach" gibt. Dass es sich lohnt und eine Freiheit auf uns wartet, die wir uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausmalen können. Außerdem darf nicht vergessen werden: Nur in EUCH liegt die Kraft, das Skin Picking zu bezwingen. Niemand sonst kann das für euch erledigen, obgleich ihr selbstverständlich Hilfe auf eurem Weg in Anspruch nehmen dürft. Aber ihr findet die Kraft dazu nicht im außen, das möchte ich sagen.
  • Lebensqualität boostern: Die auf uns wartende Freiheit leitet wunderbar zum nächsten Punkt über. Denn vielleicht stellt ihr euch auch die Frage, ob ihr überhaupt genug leidet, um solche Anstrengungen auf euch zu nehmen? Ob die Auseinandersetzung mit euch selbst und dem Skin Picking eventuell ein zu hoher Preis dafür ist, dass es ja "schon irgendwie geht"? Das kann einem auf diesem langen und beschwerlichen Weg schonmal so vorkommen, daher ist es verständlich, wenn ihr Fragen dieser Art kennt. Aber wenn wir ehrlich zu uns sind, wissen wir, dass es die Anstrengung wert ist. Denn sobald man das Gefühl hat, dass die Erkrankung die eigene Lebensqualität in irgendeiner Art einschränkt, dann ist es bereits lohnenswert! Diese Lebensqualität ist nicht in den Brunnen gefallen; wir können sie uns zurückholen! Wir alle sind es wert, dass wir uns freier fühlen: Weniger bis keine Zeitverschwendung mehr, weniger oder gar kein Versteckspiel mehr, weniger Scham, weniger Schuldgefühle, mehr Lebensgenuss etc. All das können und dürfen wir erreichen bzw. uns zurückholen. Denn wir sind doch so viel mehr als nur Haut und Haare. Hinter unserer äußerlichen Hülle steckt eine ganz wunderbare Seele mit ganz vielen tollen Eigenschaften. Und das Leben besteht genauso aus mehr als aus Sorgen und Ängsten. Dabei zählen selbst die ganz kleinen Dinge, über die wir uns freuen und die wir wertschätzen können, wenn wir unseren Blick entsprechend lenken. Ihr seid nicht nur Betroffene von Skin Picking, ihr seid auch coole/r Schwester/Bruder, bester Partner der Welt, Kind von euren Eltern, Mutter/Vater eurer Kinder, beste/r Freundin/Freund usw.
  • Neue Formen von Emotionsbewältigung und Resilienz kennenlernen: Auch, wenn wir uns das zum aktuellen Zeitpunkt möglicherweise nur schwer vorstellen können, so wartet auf uns ein Leben, in welchem wir andere Wege finden, mit Stress umzugehen und Emotionen zu verarbeiten. Diese neuen Formen von Emotionsbewältigung, Stressmanagement, Resilienz & Co. dürfen wir erforschen, in unser Leben integrieren und erproben. Wir dürfen dadurch spüren, dass wir doch dazu in der Lage sind, uns gesünderen Wegen zu bedienen als nur dem Skin Picking. Kleine Schritte und Erfolge führen zum Ziel und das kann sich extrem ermächtigend und befreiend anfühlen, wenn wir diese Erfahrungen machen und immer wieder über uns hinauswachsen. Wenn wir immer wieder in die Konfrontation gehen, lernen wir viel über uns selbst und bringen das eigene Persönlichkeitswachstum voran. Dieser Lernprozess allein kann es wert sein, nicht aufzugeben. Wir können es schaffen! Und wenn wir das einmal, zweimal, dreimal schaffen, dann schaffen wir es auch wieder. Vielleicht ist das auch ein kleiner Motivator? Alle bisherigen Tiefen habt ihr überlebt, ihr schafft auch weitere Durststrecken.
  • Community: Ihr seid nicht allein! Das kann man nicht oft genug betonen. Ich weiß selbst zu gut, wie tief diese Überzeugung in uns verankert ist, wo wir doch jahre- oder gar jahrzehntelang alleine mit den Erfahrungen, Gefühlen, Gedanken und Herausforderungen waren. Niemand war da, der uns wahrhaftig verstanden hat und uns dadurch zeigen konnte, dass wir kein Alien sind. Deswegen ist die Kraft der Community für mich persönlich definitiv nicht zu unterschätzen! Wir können unsere Erfolge, unsere Wege der Auseinandersetzung, unsere Erkenntnisse und unsere Heilungsgeschichten teilen und uns dadurch gegenseitig Mut und Hoffnung schenken. Die Community ist stark, voller Liebe und Zusammenhalt.
  • Wir wollen die Erkrankung nicht: Das darf auch ganz klar gesagt werden an dieser Stelle! Ja, man kann sich überlegen, was uns die Erkrankung alles gelehrt hat, was sie für Funktionen erfüllt, welche positiven Seiten und Chancen sie bietet (in diesem Post mehr dazu), aber dennoch gibt es zahlreiche negative Aspekte an ihr und das allein kann Grund genug sein. Wir sind oft genervt, wütend, traurig, enttäuscht, verzweifelt, angewidert und noch so viel mehr. Wir hassen den Teufelskreis. Und der Wunsch, frei von diesen Gefühlen und Erfahrungen zu sein, der ist absolut valide und erfüllbar. Die Lektionen, die uns das Skin Picking gelehrt hat, die können wir ja auch in das Leben mitnehmen, in welchem Skin Picking nicht mehr (wirklich) existiert.
  • ...
Und was gibt es nun für Motivatoren, fragt ihr euch? Was kann euch motivieren, was dürft ihr in euren Rucksack packen? Tja, diese Liste anzufangen, wäre eine ganz eigene Aufgabe... Die kann wirklich unendlich lang sein und aus materiellen Dingen, aus Erinnerungen, aus Glaubenssätzen und noch vielem mehr bestehen! Eventuell findet ihr in der Postserie "Motivation gesucht?" Inspirationen dafür. Ich bin mir sicher, dass ihr euch in eurem Zuhause umschauen oder im Gedächtnis kramen und schon einige Dinge finden könnt. Und wenn ihr noch keinen Grund gefunden habt, für den es sich lohnt, dann macht euch bitte keinen Stress! Ihr könnt und werdet diese Gründe noch finden. Ihr habt noch so, so viel Zeit dafür! Das Leben gibt uns immer wieder neue Gründe, für die es sich lohnt, zu kämpfen. Sei es in Form von Menschen und Begegnungen, neuen Erkenntnissen, einschneidenden Erlebnissen, Träumen und Wünschen oder Ähnlichem.

Ich hoffe, dieser Beitrag hat euch gefallen und darüber hinaus vielleicht sogar geholfen. Es ist bestimmt deutlich geworden, dass das ganze Thema mehr eine Reise als eine Station ist. Ich wünsche euch das Allerbeste auf eurer eigenen Reise!