20. September 2022

Rezension - "Frieden mit meiner Haut"

Hey hey! :)
 
Ich hatte euch im Juli davon berichtet, dass ein weiteres deutschsprachiges Buch über Skin Picking erschienen ist, was hauptsächlich die Geschichten von (ehemals) Betroffenen erzählt, die sich als (überwiegend) geheilt ansehen. Über die vergangenen Tage habe ich das Buch, welches mir als Rezensionsexemplar vom Verlag zugesendet worden ist, durchgelesen. Das heißt, heute möchte ich euch eine kleine (well... ist doch nicht sooo klein) Rezension schreiben, die euch bestenfalls bei der Entscheidung helfen kann, ob das Buch etwas für euch sein könnte oder nicht.

Zuerst zu den Eckdaten des Buchs:
Titel: Frieden mit meiner Haut. Wege, Skin Picking zu überwinden
Erscheinungsdatum: Juli 2022
Verlag: Mabuse-Verlag (Frankfurt am Main)
Autoren: Ingrid Bäumer und Christina Gallinat
ISBN: 978-3-86321-615-3
Bestellbar über den Verlag oder über Amazon.
Preis: 19 Euro
Seitenanzahl: 176 Seiten

Nun ganz grob zu den Inhalten des Buchs, damit ihr wisst, was ihr im Buch finden könnt und was nicht. Das Buch hat 6 Kapitel bzw. Abschnitte, die sich wie folgt aufgliedern: Vorwort, Teil A mit den Geschichten der Betroffenen, Teil B mit Infos zur Wirksamkeit von Therapieverfahren, Teil C mit Infos zur Selbsthilfe und zu guter Letzt die Danksagung und die Medienempfehlungen sowie Quellenangaben. Es ist ganz klar, dass der Teil A das Herzstück des Buches und gleichzeitig auch die Intention hinter diesem Buch ist (daher auch von mir großen Respekt und noch größeres Danke an alle, die ihre Geschichte beigesteuert haben!). Mit knapp 100 Seiten nimmt dieser Abschnitt folglich den größten Raum ein, was meiner Meinung nach definitiv berechtigt ist. Ihr findet hier 11 Betroffene mit ihren ganz individuellen Geschichten, Heilungswegen und Learnings; darunter auch Ingrid Bäumer und Angela Hartlin, die Vorreiterin in Sachen Öffentlichkeitsarbeit aus Kanada.

Ein wenig überraschender, aber dennoch wichtiger Hinweis: Die gleich folgende Rezension von "Frieden mit meiner Haut" basiert auf meiner persönlichen Meinung und Leseerfahrung. Ihr als Betroffene mit einer eventuell völlig anderen Krankheitsgeschichte könntet das Buch ganz anders lesen und empfinden als ich. Seid euch dessen bitte bewusst! Dennoch freut es mich, wenn euch meine Einschätzung hilft oder sogar motiviert, das Buch zu erwerben. Schließlich würden eure ganz individuellen Learnings in dem Buch warten.

Zuerst möchte ich loswerden, dass ich das Vorwort schön geschrieben und sehr einladend fand. Es enthielt außerdem bereits einige wichtige Hinweise zum Thema und hat knapp erläutert, was in welchem Kapitel auf die Leser wartet. Dadurch war ich richtig eingestimmt und die Geschichten der Betroffenen standen nicht so leer ohne Einleitung da. Es gab dazu auch eine kurze Erklärung der wichtigsten Begriffe, was für mich persönlich überflüssig ist, da ich mit den Begriffen gut vertraut bin und mich schon sehr lange intensiv mit dem Thema beschäftige. Aber für Betroffene, die erst am Anfang ihrer Auseinandersetzung stehen, könnte das hilfreich sein.

Danach folgten bereits die Geschichten der Betroffenen, die Kern meiner Rezension werden und hier möchte ich eins anmerken: Ich habe mich dazu entschieden, die einzelnen Lebens- und Heilungswege der Betroffenen nicht zu kommentieren oder gar zu bewerten. Erstens will ich in dieser Rezension nichts vorwegnehmen, zweitens werden sehr persönliche und intime Informationen geteilt, die ihr bitte selbst direkt im Buch lesen sollt/müsst und drittens sehe ich mich nicht annähernd in der Position, diese Geschichten zu kommentieren. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, was ich stattdessen in meine Rezension schreiben werde und das kann ich euch gerne beantworten. Ich werde versuchen, euch ein paar Stichworte zusammenzuschreiben, die den Versuch wagen, zu beschreiben, was mir die Geschichten mitgegeben haben oder was hängengeblieben ist. Es sind also Erkenntnisse, Learnings und Impulse meinerseits, die ich während des Lesens hatte. Dabei werde ich mit einer Ausnahme auch darauf verzichten, die Namen oder Pseudonyme der jeweiligen Geschichte zu nennen. Zum Ende möchte ich ein Fazit zum Buch insgesamt ziehen und eine endgültige Empfehlung aussprechen.

Die Ausnahme von Namensnennungen betrifft Ingrids Geschichte, weil sie in der Community bekannt ist und eine sehr tragende Rolle spielt. Sie steht in diesem Buch mit ihrem Namen für ihre Geschichte und teilt schonungslos offen und ehrlich, wie es ihr mit dem Skin Picking ergangen ist. In Teilen war das Gelesene neu für mich, andere Teile waren mir bereits bekannt, weil ich schon so lange mit Ingrid in Kontakt stehe. Trotzdem zeigte sie auch für mich eine völlig neue und bisher unbekannte Art der Verletzlichkeit, die meiner Meinung nach genau richtig für dieses Buch war. Ich war sehr fasziniert von Ingrids Geschichte und davon, welche Umwege oder unkonventionellen Wege sie genommen hat, um ihre persönlichen Erfolge zu erzielen. In ihren Zeilen fand ich sehr schnell eins meiner ersten Learnings zum Thema Heilung: Dass es ein Ideal ist, welchem wir Betroffene uns nähern und dass es im Englischen eine passende Bezeichnung dafür gibt, nämlich "in recovery". Es ist ein Weg der Heilung, keine Station, die man einmal ganz erreicht und für immer dort verweilt. Außerdem beschreibt Ingrid im Zusammenhang mit dem Weg der Heilung ein Gefühl von Befreiung. Als ich versucht habe, mir dieses Gefühl vorzustellen, habe ich mich gefragt, was es für mich persönlich bedeuten mag, frei von Skin Picking zu sein. In welchen kleinen oder großen Momenten könnte mir diese Freiheit auffallen? Eine extrem spannende Frage, wie ich finde und so hat mich bereits die erste von 11 Geschichten zum Nachdenken angeregt. Dazu gehörte auch, dass Ingrid einen Perspektivwechsel auf ihr Skin Picking erlebt hat, welchen sie in jüngeren Jahren wohl nie für möglich gehalten hätte. Und das ist etwas, was ich euch gerne mitgeben möchte! Auch, wenn ihr glaubt, dass ihr euer Skin Picking für immer verabscheuen werdet, könnte es sehr gut sein, dass ihr in 5, 10, 15 Jahren eine neue Sichtweise kennengelernt habt. Ein Letztes, was mir Ingrid mitgegeben hat: Eigenlob stinkt nicht, sondern duftet himmlisch! Wir dürfen und sollten öfter mal stolz auf uns und unsere vielleicht noch so kleinen Erfolge sein. Das stärkt unseren Selbstwert und den können wir verdammt gut gebrauchen. Danke Ingrid für diese ganzen wichtigen Impulse!

Meine weiteren Erkenntnisse, Learnings und Impulse (nicht vollständig, da ihr ganz sicher viele andere Learnings haben werdet):
  • Skin Picking kann sich wie ein sich ständig wiederholender Kontrollverlust anfühlen - wie etwas, was die vollkommene Macht über uns besitzt. Oft haben wir Betroffene das Gefühl, den Einschränkungen komplett ausgeliefert zu sein. Aber wenn wir aktiv erste Schritte in Angriff nehmen, dann können wir merken, dass wir gar nicht so machtlos sind wie wir oft glauben. Wir können Dinge in die Hand nehmen und uns dadurch ein Gefühl von Selbstermächtigung schenken.
  • Weil Skin Picking so schambehaftet ist, ist es eine Erkrankung, die viele Betroffene einzig mit sich selbst ausmachen. Das ganze Leid, die kreisenden Gedanken, die vielen unterschiedlichen und teilweise sehr starken Gefühle - ganz schön viel für eine Person allein. Was für eine Bedeutung und Kraft es hat, sich zu öffnen (egal, ob in Therapie, in einer Selbsthilfegruppe oder gegenüber seinen Lieben), ist mir bei der Lektüre erneut bewusst geworden. Dadurch können wir nicht bloß endlich mal loslassen, sondern auch besser strukturieren, was uns sonst als wirres Wollknäuel im Gehirn rumspringt.
  • Dermatillomanie zeigt sich nicht bloß auf der Haut, es kann das ganze Leben einer betroffenen Person beeinflussen. Wenn wir uns zum Beispiel aus Scham verstecken, dann schränken wir uns einerseits ein und sorgen andererseits unbeabsichtigt dafür, dass wir einen Teil unserer Person zurückhalten und verleugnen. Dadurch können wir uns schlimmstenfalls selbst fremd werden oder gar verlieren. Und mir ist klar geworden, dass dieser Aspekt sehr stark auf mich zutrifft/zugetroffen hat. Die jüngere Jacqueline war überhaupt nicht sie selbst, sondern stand neben sich und war sich fremd. Dadurch, dass ich mir so viele Jahre meines Lebens fremd war (gerade in der Zeit des Lebens, wo wir uns selbst finden wollen und sollen), weiß ich eigentlich ziemlich wenig über mich und das bis heute. Mein Skin Picking ist nicht der einzige Grund dafür, aber mir ist beim Lesen des Buches deutlich geworden, wie schlecht ich mich selbst, mein Kindheits-Ich und mein Teenie-Ich kenne... Das war eine bittere Erkenntnis.
  • Damit verbunden war das Learning, dass Selbstwahrnehmung eine echte Grundkompetenz ist, die wir nicht unterschätzen sollten. Es ist total wichtig, dass wir unsere eigenen Gedanken, Gefühle, Verhaltensmuster, Eigenschaften und Bedürfnisse kennen- und verstehen lernen.
  • Das kann uns wiederum dabei helfen, unsere eigenen Grenzen festzulegen, sie gut zu kennen und auch zu wahren. Skin Picking ist oft auch mit viel grenzüberschreitenden Erfahrungen verbunden und das, obwohl Grenzen für uns von besonders hoher Relevanz sind. Man lernt leider nicht von heute auf morgen, wie man seine Grenzen am besten schützt, denn das ist ein vermutlich lebenslanges Unterfangen.
  • Perfektionismus und Skin Picking sind beste Freunde, scheint mir. Ich bin, wie viele andere Betroffene auch, eine absolute Perfektionistin, was mir im Leben oft unnötig viel Frust bereitet. Obwohl mir das eigentlich total bewusst ist, habe ich beim Lesen einer der Geschichten gemerkt, wie weit das wahre Ausmaß des Perfektionismus reicht und mit wie vielen negativen Glaubenssätzen er eigentlich verbunden ist. Klar, Perfektionismus hat auch seine Funktionen und kann wie eine Orientierungsstütze wirken, aber man muss echt aufpassen, dass es nicht der einzige Wegführer für einen wird. Denn niemand ist perfekt und es gibt keine absolute Sicherheit im Leben.
  • Betroffene von BFRB's wie Skin Picking müssen sich häufig mit extrem viel Unverständnis aus ihrem Umfeld herumschlagen. Solange sie selbst noch nie von den Begriffen gehört haben, glauben sie vielleicht sogar, was ihnen das Umfeld direkt oder indirekt vermittelt. Dabei sind wir gar nicht komisch, willensschwach oder Ähnliches! Es gibt da draußen ganz viele andere Betroffene, die unsere Gefühle und Gedanken nur allzu gut nachempfinden können. Ich habe in diesem Buch auf komplett neue Weise verstanden, wie unfassbar wichtig Aufklärung ist. Wir als Betroffene MÜSSEN die Erkrankung bestmöglich verstehen und auch die Gesellschaft oder Fachpersonen sollten ein viel ausgeprägteres Verständnis davon bekommen! Betroffene leiden vieeeeel zu lange, ohne auch nur im Ansatz Bescheid zu wissen. Das muss sich ändern!
  • "Skin Picking ist ein Teil von uns". Wie fühlt ihr euch, wenn ich diesen Satz so in den Raum werfe? Fühlt sich das vielleicht ernüchternd oder provozierend an, weil ihr nicht möchtet, dass es ein Teil von euch bzw. eurem Alltag ist? Oder fühlt sich das mehr nach liebevoller Akzeptanz an, weil ihr nicht länger mit erhobenen Waffen gegen euch vorgehen wollt? Ich habe das bisher immer eher aus der zweiten Perspektive gesagt, weil ich das Skin Picking anerkennen und sehen möchte, bevor ich daran arbeiten kann. Eine der Geschichten hat mir den Impuls gegeben, zu reflektieren, was diese Aussage (noch) bedeuten könnte und inwiefern sich die Bedeutung davon im Laufe der Heilungsgeschichte verändern kann.
  • Verbunden mit der Selbstwahrnehmung ist auch die Selbstachtung. Unsere eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ziele sind etwas wert und dürfen verfolgt werden. Nein, sie sollten es sogar! Wer verfolgt sie, wenn nicht wir selbst? Eine betroffene Person hat in ihrem Unterkapitel davon berichtet, dass sie erst recht spät im Leben gelernt hat, für sich selbst zu leben und die eigenen Wünsche zu verfolgen und nicht nur die Erwartungen von Anderen zu erfüllen.
  • Stress ist für mich sehr negativ konnotiert und etwas, was ich eigentlich partout vermeiden will. Leider ist das nicht immer möglich und bis zur Lektüre dieses Buches dachte ich nicht selten, dass ich selbst der Fehler in der Rechnung wäre. Also dass es an mir und meinen unzureichenden Kompetenzen liegen würde, dass ich immer wieder viel Stress erlebe und damit nicht gut umgehen kann. Aber ich durfte ein sehr wichtiges Learning mitnehmen, welches da wäre, dass Stress zum Leben dazugehört. Wir können wenig daran ändern, dass es stressige Ereignisse oder Lebensphasen gibt. Jeder Mensch erlebt diese und jeder Mensch geht damit anders um. Wir alle brauchen Wege, um uns zu regulieren und zu entspannen. Person A nimmt Weg a, Person B nimmt Weg b und wir nehmen bisher noch den Weg des Skin Pickings. Aber eines Tages werden wir andere Wege finden, da bin ich mir sicher!
  • Akzeptanz ist nicht gleich Resignation! Nur, weil wir unseretwillen versuchen, dem Skin Picking mit mehr Akzeptanz gegenüberzutreten, heißt das nicht, dass wir es gut finden und für immer in unserem Leben behalten wollen. Akzeptanz macht es uns aber sehr viel einfacher. Falls euch das Thema genauer interessieren sollte, kann ich euch empfehlen, in die Podcastfolge Nr. 27 von Christinas Podcast reinzuhören. Ich fand, dass das eine ihrer besten Podcastfolgen gewesen ist.
  • Während Ingrids Geschichte mir mitgegeben hat, dass Heilung ein Weg ist, habe ich im späteren Verlauf des Teils A verdeutlicht bekommen, dass Heilung wirklich nicht bloß das reine Verhalten oder das Hautbild betrifft. Heilende Impulse können von so vielen verschiedenen Seiten kommen und sich dann addieren. Und obwohl Betroffene das Verhalten noch hin und wieder zeigen, können sie sich als (weitgehend) geheilt ansehen, weil sie keine Einschränkungen mehr erleben.
  • Auf dem Weg der Heilung müssen wir eine Menge Anstrengungen auf uns nehmen und viel an uns selbst ändern. Aber wo sollen wir anfangen? Was hat oberste Priorität? Falls euch Fragen dieser Art auch beschäftigen sollten, dann findet ihr folgenden Impuls wahrscheinlich auch ganz hilfreich: Das Handeln vor den Gefühlen und Gedanken ändern zu wollen, ist unmöglich. Die Arbeit an unserer Gefühls- und Gedankenwelt muss die Basis sein und darauf aufbauend kann das Handeln Stück für Stück verändert werden. Das war mir vorher gar nicht wirklich bewusst.
  • Vielleicht ist euch das schon völlig klar, aber mir hat die Einsicht geholfen, dass Heilung kein passiver Vorgang ist, der mit einem passiert. Heilung ist ein aktiver Prozess von innen heraus, der bei Bedarf von Fachpersonen unterstützt werden kann. Aber niemand Anderes als ihr selbst kann diese Reise auf sich nehmen, es ist eure Verantwortung!
  • Zum Ende der Betroffenengeschichten kam mir nochmal eine weitere bittere, aber hilfreiche Erkenntnis, die ich hier nur andeuten werde. Es ging darum, dass unsere psychische Gesundheit und unser allgemeines Wohlbefinden die zwei größten und wichtigsten Schlüsselfaktoren sind, um heilen zu können. So weit, so gut. Das klingt ziemlich logisch, oder? Aber als ich das gelesen habe, hatte ich einen dieser Momente, in denen mir klar wird, dass es mir nicht gut geht und auch die vergangenen Jahre nicht gut ging, im Gegenteil. Und solange sich das nicht ändert, werde ich das Skin Picking nicht loswerden.
  • Heilung zu erreichen, ist etwas, was einem wieder genommen werden kann. Ja, Heilung ist ein Weg, aber dieser Weg wird in den wenigstens Fällen an seinem Ende eine feste und sichere Endstation bereithalten. Heilung ist kein endgültiger Zustand, sondern etwas, was lebenslange Arbeit erfordert und durch äußere Zustände leider wieder zunichtegemacht werden kann. Was daran aber ermutigend sein könnte: Wenn ihr es einmal geschafft habt, werdet ihr es mit Sicherheit ein zweites Mal schaffen!
  • Zu guter Letzt: Wir sollten uns in Selbstvergebung üben! Wir können nichts dafür und haben uns die Erkrankung nicht ausgesucht. Wir haben Mitgefühl verdient, auch von uns selbst. Das ist keine leichte, aber eine mögliche Aufgabe! Wir können das lernen. Vielleicht hilft es euch, das über andere Betroffen zu lernen - das geht besonders gut über Selbsthilfegruppentreffen. Da könnt ihr sehen, dass die anderen Betroffenen einfach nur ganz liebe, wunderbare Menschen sind, die das Beste der Welt verdient haben. Eventuell könnt ihr das dann im zweiten Schritt auf euch selbst übertragen. Ihr seid schließlich genauso wunderbar!
Wow, das sind eine Menge Stichpunkte geworden, entschuldigt... Aber es ist ja auch ein ganz wertvolles Buch mit vielen super wichtigen Messages, die jeder Betroffene wissen sollte. Es werden auch sehr, sehr viele berührende, mitfühlende und empowernde Worte geteilt - in dem Sinne ist "Frieden mit meiner Haut" wie eine wohlig-warme Decke, die euch in den Arm nimmt. Ich glaube, dass sich die verschiedenen Geschichten gut ergänzen und so jeder Leser irgendetwas mitnehmen können sollte. Dennoch gibt es einen klitzekleinen negativen Punkt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Denn es gab einen Satz in einer Geschichte, den ich schwierig und sogar deplatziert fand... Dieser Satz war "Lasst euch nicht mehr triggern!" und ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich hatte beim Lesen nur Fragezeichen im Kopf und die haben sich bisher noch nicht gelöst. Vor allem, weil im Satz vorher noch anerkennend gesagt wird, dass jeder so seine Triggerpunkte hat. Was hilft es, direkt im Anschluss zu sagen, dass wir uns nicht mehr triggern lassen sollen!? Das ist doch wie der Satz "Hör doch einfach auf!" - sorry, aber wenn das ginge und wir wissen würden, wie wir das machen sollen, dann würden wir es tun. Daher fällt dieser Satz für mich völlig aus dem Rahmen und gehört für mich auch nicht in dieses Buch. Vielleicht verstehe ich das Ganze allerdings auch falsch, dann helft mir gerne.

So, nun zum endgültigen Fazit und der Frage, ob ich "Frieden mit meiner Haut" empfehlen würde! Vielleicht Letzteres zuerst, denn wahrscheinlich könnt ihr euch die Antwort schon denken. Ja, selbstverständlich würde ich das Buch anderen Betroffenen empfehlen! Ich fand die Idee von Ingrid schon von Anfang an so super, dass ich mich die ganze Zeit gefreut habe, bis das Buch erschienen ist. Es kann absolut nicht schaden, wenn wir uns häufiger und mit mehr Nachdruck daran erinnern, dass Heilung möglich ist. Die 11 integrierten Lebens- und Heilungswege zeigen nicht bloß, dass es möglich ist, sondern dass es auch unzählige verschiedene Wege gibt, die zum Ziel führen. Ich glaube, dass ihr euch mit diesem Buch einen wunderbaren Mutmacher und Hoffnungsgeber ins Haus holt. So vieles von dem, was ich anderen Betroffenen auf ihrem Weg gerne mitgeben würde, steckt in diesen 176 Seiten!

Was mich persönlich betrifft, muss ich zugeben, dass mir die Lektüre zwar einige Dinge wieder ins Bewusstsein gerückt hat und dass ich auch immer wieder reflektiert und vieles auf emotionaler Ebene besser verstanden habe, aber dass ich dennoch nicht wirklich brandneue Informationen erhalten habe. Ich merke das in letzter Zeit immer wieder, dass es für mich (im Vergleich zu anderen Betroffenen) wenig(er) Neues gibt. Ich beschäftige mich bald seit einem Jahrzehnt mit Skin Picking allgemein und dem Skin Picking, wie es sich bei mir verhält. Auf die Erkrankung allgemein bezogen habe ich einen solide ausgebauten Wissensschatz und ein sehr gutes Verständnis. Ich kenne Skin Picking einfach, Punkt. Auf mich selbst trifft das weniger zu, denn wie oben in meinen Learnings schon angeklungen ist, weiß ich über mich selbst sehr viel weniger als ich bisher dachte. Meine Kindheit und Jugend, meine Emotionen, Gedanken und Glaubenssätze, meine seelischen Verletzungen und Traumata - die sind für mich oft wie in einem dichten Nebel versteckt. Vieles davon habe ich auch jahrelang verdrängt oder unterdrückt, sodass ich Meister darin geworden bin, meinen Blick in eine andere Richtung zu lenken. Das bringt mich zur Verfestigung einer Erkenntnis, die sich schon seit einiger Zeit anbahnt... undzwar, dass ich glaube, alleine nicht mehr so viel weiter zu kommen, was meinen Heilungsweg mit Skin Picking angeht. Solange mein Leben in einem Zustand wie aktuell bleibt, sowieso nicht. Ich brauche Therapie(n). In einer Therapie warten ganz sicher viele neue Erkenntnisse und die wahre Arbeit, die ich mir bisher erspart habe. Ich muss mit Unterstützung gewisse Themen aufarbeiten, die noch zu viel Einfluss haben. Wenn ich das schaffen würde, hätte ich ein viel größeres Heilungspotential, vermute ich. Das ist das, was ich brauche. Aufklärung und Tools/Strategien/Tipps brauche ich nicht mehr, die sind mir bekannt. Ich vermute, dass mich mein Heilungsweg zu drumherumliegenden Themen führen wird, die eher indirekt mit dem Skin Picking zu tun haben. Darauf bin ich gespannt! Eines fernen Tages....
 
Alles in allem also ein großartiges und empfehlenswertes Buch, welches ich trotz des eben beschriebenen Umstands gerne gelesen habe. Niemals hätte ich auf die Lektüre verzichten wollen.

2 Kommentare:

  1. Hallo Jacqueline! Ganz herzlichen Dank für deine ausführliche und ehrliche Rezension! Auch wenn du Skin Picking schon gut kennst, hat das Buch bei dir offenar einige neue Gedankengänge ausgelöst - das freut mich, denn ich bin überzeugt, dass diese dich weiterbringen werden. Liebe Grüße in den Norden! :-)

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    1. Hallo, liebe Ingrid und danke dir vielmals für deine Reaktion auf meine Buchrezension! :) Freut mich, dass du dir die Zeit für einen Kommentar genommen hast. Du hast absolut recht: Neue Gedankengänge gab es und diese wiederum können ja zu weiteren neuen Gedanken führen. Das ist meiner Meinung nach das einzigartige Potential vom Austausch mit anderen Betroffenen: Alleine kreist man in gut bekannten Wegen durch den Kopf, aber jemand Anderes kann anders denken oder formulieren und schon hat man einen wertvollen Impuls gewonnen. :)

      Liebe Grüße nach Köln! :)

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