30. Juni 2022

Eindrücke meiner Haut - 28

Hahahaha oh man, was ist bloß mit dieser Postserie...? :D
 
Der letzte Part ist schon wieder (!) über 7 Monate her. Aber gut, ich habe Fotos von meiner Haut scheinbar immer gut in andere Beiträge einflechten können, sodass nichts für diese Postserie übrig geblieben ist... Außerdem muss man sagen, dass meine Haut eigentlich das ganze bisherige 2022 ungefähr gleich scheiße gewesen ist. Was soll man da groß zeigen?
 
Es war eine wahnsinnig anstrengende Tiefphase... Es war sogar die bisher tiefste und längste Tiefphase, würde ich fast behaupten. Monatelang ging es bergab bzw. nicht wieder bergauf und ich hatte mich einfach dran gewöhnt, sogar fast vergessen, wie es ist, wenn es bergauf geht. Und neulich in der Selbsthilfegruppe habe ich es auch gesagt: Ich habe mir in dieser Zeit nicht vorstellen können, wie es wieder besser werden und wie meine Haut das wieder in Ordnung bringen soll. Aber ich wurde - wie schon so oft - positiv überrascht. Meine Haut ist aktuell dabei, Stück für Stück zu heilen. Ich sehe zum ersten Mal seit Ewigkeiten Veränderungen!! Das ist einfach unglaublich. Ich bin ja eigentlich auch jemand, der vorsichtig damit ist, sich zu freuen, weil ich weiß, dass es wieder bergab gehen kann und wird. Aber es ist wichtig, den Blick auf das Hier und Jetzt zu richten: Ich darf mich freuen, dass meine Haut heilt. Ich darf stolz darauf sein, mich erneut aus der Scheiße gekämpft zu haben. Ich darf den aktuellen Zustand wertschätzen. Trotz des Wissens, dass das temporär sein wird.





Damit möchte ich euch zeigen, dass es sich lohnen kann, Schmerzhaftes auszuhalten. Dass es sich lohnen kann, zu warten. Dass das Leben, aber auch die Dermatillomanie, eine Achterbahnfahrt mit Höhen UND Tiefen sind. Egal, wie lang oder kräftezehrend eure Talfahrt sein mag: Irgendwo wartet ein Licht, auf das ihr euch zubewegt. Dieses Licht wird nicht erlischen, ehe ihr angekommen seid. Verliert nicht die Hoffnung!

21. Juni 2022

Befreites Genießen

Hallo, ihr Lieben!
 
Nachdem ich zuletzt zwei Aufrufe und einen Beitrag von Janika (siehe Label "DermaSelfLoveClub") geteilt habe, möchte ich mal wieder persönlich werden und Bezug auf aktuelle Geschehnisse und Momente aus meinem Leben nehmen. Denn auch die anderen beiden Posts davor waren nicht wirklich so spontaner Erzählnatur - der eine Post war eine etwas ausführlichere Erklärung zum Thema Triggerwarnungen und der andere Post war kreativ-künstlerisch angelehnt. Deswegen wird es mal wieder Zeit, aus meinem Herzen zu berichten. Dazu möchte ich euch folgende Bilder zeigen:






Diese Aufnahmen stammen offenkundig von verschiedenen Tagen. Die ersten beiden Bilder sind von Ende Mai, als ich ein brandneues Oberteil zum Essengehen mit meinem Freund trug und die anderen beiden Fotos habe ich letztes Wochenende aufgenommen, nachdem ich Zeit mit meinem Vater und meiner Schwester verbracht habe. Und obwohl die Bilder von verschiedenen Tagen und Anlässen stammen, so sollen sie doch die gleiche Message rüberbringen.

Zum schwarzen Oberteil meinte mein Freund, bevor ich es mir gekauft habe, dass es ein typisches Jacqueline-Oberteil wäre. So habe ich das auch gesehen (es ist wirklich absolut schön!) und es deshalb gekauft. Ihr müsst wissen, ich kaufe selten und wenig neue Kleidung und wenn, dann ist es eine überlegte Kaufentscheidung. Das Oberteil stammt von einem recht jungen Fair-Fashion-Label, von dem ich auch ein paar weitere Teile besitze und liebe. Früher vor vielen Jahren, als ich mich noch um jeden Preis versteckt habe, hätte ich so etwas nie getragen (auch so ein Top wie auf den unteren Fotos nicht). Ich hätte Angst vor unangenehmen Blicken oder doofen Kommentaren gehabt. Hätte die Meinung fremder Leute über meine eigene Freiheit gestellt. Aber ich musste dann irgendwann erkennen, dass mir das Versteckspiel die Sicherheit nur vorgegaukelt und mich stattdessen eingeschränkt und unglücklich gemacht hat. Klar, es war der einfachere Weg. Aber dass auch dieser Weg einen Preis kostet, den ich tief im Inneren eigentlich gar nicht zahlen wollte... das war mir zu der Zeit nicht bewusst. Denn was mich viel, viel glücklicher und freier sein lässt, ist bedingungsloses zu mir und meinem Aussehen stehen! Dann sieht man eben meine Wunden, Pickel und Narben im Dekolleté, na und? Ich bin deswegen nicht weniger wert und habe dadurch auch nicht das Recht verloren, schöne Momente zu genießen. Deshalb trage ich seit vielen Jahren nur noch, wonach mir ist und das schließt Oberteile ein, die viel Haut zeigen. Am Wochenende, wo ich das rosane Top getragen habe, war es zum Beispiel ziemlich warm bei uns und jeden Sommer erinnern mich diese warmen/heißen Tage an damals, wo ich mich mit langer Kleidung abgequält habe, nur, um es Anderen recht zu machen und wo ich dennoch doof angeguckt oder kommentiert wurde. Ich kenne die Angst so, so gut! Wenn ich will, kann ich sie sofort aus meinem Kopf hervorkramen und wisst ihr, was ich dann fühle? Ganz viel tiefes Mitgefühl für mein jüngeres Ich. Was mir alles an schönen Momenten entgangen ist, wie viele Erlebnisse ich gar nicht frei genießen konnte... Puh, das wünsche ich echt niemandem. Ich konnte gar nicht frei ich selbst sein. Die Schutzmauer, die ich mir mit meiner Kleidung aufgebaut habe, hat sich teilweise sogar auf innere Anteile übertragen. Das heißt, dass gewisse Eigenschaften hinter der Mauer versteckt blieben, genauso wie meine Haut. Auch das hat mir nicht gut getan.

Was ich euch aber eigentlich von Herzen sagen möchte: Ihr könnt und dürft das auch! Mir ist bewusst, woher die Ängste, Sorgen und Scham kommen und wie sie sich anfühlen. Ich möchte sie nicht herunterspielen, auch dann nicht, wenn ich davon berichte, dass ich darüber (größtenteils) hinweg bin. Denn mir ist auch bewusst, dass das ein langer Weg und ein harter Prozess ist. Für viele Betroffene von Skin Picking, Trichotillomanie und Co. mag es Babysteps benötigen und das ist vollkommen in Ordnung, ja sogar nötig! Jeder geht in seinem eigenen Tempo. Auch ihr seid absolut dazu in der Lage, diesen Punkt zu erreichen, dass ihr frei die Kleidung tragen könnt, die ihr tragen wollt! Auch ihr habt es verdient, frei von der Sorge zu sein, was Andere über euch denken oder sagen könnten! Auch ihr seid es wert, dass ihr euch frei zeigen könnt und nicht verstecken müsst! Tragt, was ihr mögt. Nehmt soziale Aktivitäten wahr und zeigt euch. Genießt den Moment, denn er hat absolut nichts mit eurem Aussehen zu tun. Und vor allem: Macht keine Kompromisse auf eigene Kosten, nur, um es anderen Leuten recht zu machen. Davon habt ihr letztendlich nichts.

Wenn ihr sagt "Hey, aber heute brauche ich eine kleine Schutzhülle, damit fühle ich mich wirklich wohler und sicherer", dann ist dagegen erst einmal nichts einzuwenden. Schritt für Schritt wie gesagt, das schließt auch Rückschritte oder Schritte auf der Stelle ein. Es geht darum, dass ihr es aus euch selbst heraus macht und dabei trotzdem wisst, dass ihr niemals weniger wert seid. Wenn ihr euch aber hinter Kleidung versteckt, weil es euch nur um die Anderen geht und weil ihr glaubt, sonst nichts wert zu sein, dann ist meiner Meinung etwas dagegen einzuwenden, nämlich euer eigenes Wohlergehen, eure eigenen Bedürfnisse und euer eigener innerer Frieden. Denn die leiden darunter, auch, wenn ihr das nicht bewusst merkt.

14. Juni 2022

Macht Skin Picking bekannter! - 11

Gerade erst habe ich euch von der Gründung einer neuen SHG in Bochum berichtet und schon gibt es weitere Neuigkeiten, die ich in Form eines Studienaufrufs mit euch teilen möchte. Forschungsstudien zu BFRB's sind unheimlich wichtig, das betone ich immer wieder! Nur so können die Erkrankungen besser kennengelernt werden und nur so können Behandlungsangebote erstellt und optimiert werden. Es ist also genau das, was wir Betroffene uns wünschen und indem wir an Studien teilnehmen, tragen wir dazu bei, der Forschung hierbei unter die Arme zu greifen! Und das mit einem zumeist geringen Arbeitsaufwand.
 
Hier der Text zum Aufruf:
 
"Liebe Studieninteressierte!
 
Kennt ihr den Drang, an eurer Haut zu kratzen, zu zupfen oder zu quetschen? Solche und ähnliche Verhaltensweisen treten bei Skin Picking auf und können dazu dienen, mit unangenehmen Gefühlen umzugehen.
 
Im Rahmen unserer Masterarbeit im Bereich Klinische Psychologie suchen wir weibliche Teilnehmerinnen für unsere Studie, bei der Effekte von unterschiedlichen Schreibinterventionen auf Emotionen und Gedanken sowie auf den Drang zum Skin Picking untersucht werden.
 
Was erwartet euch? Um herauszufinden, ob ihr als Teilnehmerinnen infrage kommt, gibt es unter dem folgenden Link eine Online-UMfrage (ca. 15min Umfang):
 
 
Wenn ihr für die Teilnahme geeignet seid, kontaktieren wir euch und ihr könnt für zwei Wochen bei sechs kurzen Schreibeinheiten mitmachen. Diese Einheiten sind appgestützt, dauern jeweils 10min und sind ganz flexibel in den Alltag integrierbar. Zum Abschluss gibt es nach den zwei Wochen dann nochmal eine Online-Umfrage.
 
Bei weiteren Fragen könnt ihr euch gerne per Mail an Frau Dr. Schlintl wenden: carina.schlintl@uni-graz.at.
 
Wir freuen uns über eure Teilnahme!
Liebe Grüße, Carla D. und Hannah F."

Ihr seht, es handelt sich um Masterstudentinnen und um etwas, was bisher in noch keiner mir bekannten Studie vorkam: Schreibinterventionen. Das heißt, wenn euch Tagebuchschreiben oder Ähnliches gefällt und hilft, wäre diese Studie sicher interessant für euch! Aber auch, wenn ihr sowas bisher noch gar nicht ausprobiert habt, könntet ihr Maßnahmen dieser Art mithilfe der Studie eine Chance geben. Auch ich danke euch im Voraus für die Teilnahme! Nachfolgend noch der Flyer:


13. Juni 2022

SHG-Gründung in Bochum

Es gibt wieder frohe Neuigkeiten im Universum der Selbsthilfegruppen! :) Gibt wenige News, die ich so gerne teile wie welche zu Selbsthilfegruppen.
 
Aktuell befindet sich in Bochum eine neue SHG zu Skin Picking in Gründung und sucht interessierte Mitglieder! Vielleicht ist unter euch ja jemand, der aus dem Raum Bochum stammt und für den Köln immer etwas zu weit entfernt war. Dann meldet euch entsprechend und ihr könnt Teil einer frisch gegründeten Gruppe werden.
 

10. Juni 2022

Derma Self Love Club - 13

Über ein Jahr ist es her (siehe letzter Beitrag aus der Postserie) und endlich kann ich euch sagen: Ich habe unerwarteterweise wieder einen Beitrag von der lieben Janika im Gepäck! Eigentlich hatte ich euch ja mitgeteilt, dass Janika ihren eigenen Blog gestartet und die "Derma-Self-Love-Club"-Reihe auf diesem Blog deshalb ihr Ende gefunden hat. Manchmal läuft es im Leben aber anders als geplant, man reflektiert Geschehenes und eigene Entscheidungen etc. - so kam es, dass wir uns nun in der glücklichen Position schätzen dürfen, hier wieder von Janika zu lesen! Es wird euch nicht neu sein, wenn ich sage, dass ich ihre Beiträge extrem wertvoll und bereichernd finde. Das gilt nicht nur für den Blog und den Effekt auf euch, sondern auch für mich ganz persönlich. Deshalb bin ich so froh, dass die Dermatillomanie uns beide als zwei Betroffene zusammengeführt hat und der Startschuss für eine wunderbare Freundschaft gewesen ist!
 
Janika hat mal wieder ein unfassbar spannendes Thema in ausführlichster Weise für euch verarbeitet, weshalb ich euch nicht mehr lange aufhalten möchte. Ganz viel Spaß und zahlreiche Erkenntnisse oder Gedankenanregungen! :) Achso und entschuldigt im Vorhinein die Qualität der als Bilder eingefügten Tabellen, das ging leider formattechnisch nicht anders. :/ Einmal draufklicken und größer anzeigen lassen, dann lässt es sich besser lesen.
 
"Hallo meine Lieben!
Ich hoffe, es geht euch allen soweit gut!

Nach einer langen Schreibpause melde ich mich heute mal wieder mit einem neuen Beitrag zurück. In der letzten Zeit habe ich mich mal wieder des Öfteren in einen kritischen Selbstreflexionsprozess begeben, um noch mehr über mich und meine Erkrankungen herausfinden zu können und daraufhin bin ich dann über die Idee gestolpert, zwei zentrale Kräfte unseres Menschseins und ihre Wirkmechanismen im Kontext der Skin-Picking-Störung einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dafür habe ich den Versuch gewagt, diese strukturiert gegenüberzustellen, um im Anschluss eine kleine, aber nicht unwichtige Erkenntnis zu generieren. Diese kann - so hoffe ich es - einen (!) plausiblen Erklärungsansatz darstellen, worin die hohe Komplexität des Skin Pickings genau begründet liegt.
Das hört sich jetzt wahrscheinlich noch wahnsinnig theoretisch an, entschuldigt mich. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, möchte ich euch nun gerne zeigen, was ich genau meine, indem ich mit der Beschreibung der heutigen zwei Akteure beginne.

Emotio und Ratio sind die Wörter der Stunde. Ich möchte mich gar nicht allzu lange damit befassen, sie im kleinsten Detail genau auseinanderzunehmen; eine kurze Beschreibung sollte reichen.
Unter Ratio versteht man das verstandesmäßige Handeln. Menschen, die in Situationen unter rationalen Gesichtspunkten auftreten und handeln, können Situationen ganzheitlich analysieren und lassen sich in ihrer Entscheidungsfindung nicht von kurzweiligen emotionalen Gefühlslagen steuern. Insbesondere seit der Epoche der Aufklärung wird dem Verstand eine herausragende Rolle zugesprochen und dem Menschen Mut gemacht, ihren Entscheidungen sowie Handlungen eine rationale Basis zu geben.
Dass der Mensch aber nicht immer ausschließlich sachlich und besonnen handelt, zeigt schon ein naheliegendes Beispiel aus dem Alltag. Machen wir hierfür ein kleines Gedankenexperiment: Stell dir vor, du möchtest dir eine Armbanduhr kaufen. Aus rein logischer Perspektive sollte die Armbanduhr primär die Funktion erfüllen, die Uhrzeit korrekt anzeigen zu können. Das sollte fürs Erste reichen. So eine Armbanduhr bekommt man schon schnell für ein paar Euro.
In der Wirklichkeit aber stellen sich nun auch unsere Emotionen ein. Wir scrollen stundenlang durch verschiedene Websites, gehen in Verkaufsläden, vergleichen Modelle, stellen neue Ansprüche und wollen konkret eins: Dass das Produkt, für das wir uns am Ende entscheiden, nicht nur seinen Zweck erfüllt, sondern auch das richtige Gefühl in uns auslöst. Rationale Gesichtspunkte werden auf einmal weniger interessant, denn das Gefühl spricht auf einmal eine viel wichtigere Sprache.
Emotio meint somit den gefühlsbetonten Anteil in uns. Wenn wir der Emotio entsprechend handeln, lassen wir uns von unserem Bauchgefühl oder auch der Intuition leiten. Wir entscheiden uns für Dinge, die wir manchmal selbst gar nicht logisch begründen können, die uns aber richtig erscheinen. Wir lesen zwischen den Zeilen, nehmen kleine Veränderungen in uns und anderen wahr und streben das gute und richtige Gefühl an.

Dabei möchte ich an dieser Stelle aber noch einmal betonen, dass Emotio und Ratio keinesfalls als Kontrahenten zu verstehen sind. Wir vereinen beide Teile in uns und handeln mal auf die eine, mal auf die andere Weise. Jemand, der rational handelt, ist nicht grundsätzlich emotionslos und jemand, der seinem Bauch folgt, ist auch kein irrationales Gemüt. Das macht unser Menschsein so besonders: Wir sind in unserem Wesen weder vollständig schwarz noch weiß, sondern einer von vielen denkbaren Grautönen.

Nun möchte ich die am Anfang angekündigte Brücke schlagen und Emotio und Ratio mit dem Skin Picking in Verbindung bringen. Skin Picking fällt ganz eindeutig in ein von Emotio gesteuertes Schema. Selbstverständlich hat die genauere Ätiologie des Skin Pickings auch durchaus rationale Wurzeln. Gründe, warum sich die Krankheit in unser Leben geschlichen hat, Ursachen, wieso sie sich so starr und hartnäckig aufrechterhalten kann (und und und) sind gewiss nicht nur Fragen der Emotion und unserer Möglichkeit, sie zu kontrollieren. Das Störungsbild folgt seinen ganz eigenen Logiken und es ist essentiell sowie unverzichtbar, dies anzuerkennen, denn sonst würden wir schnell in die Falle geraten, das Skin Picking als reine Verhaltensschwäche und Willenssache abzustempeln.

Mir geht es vielmehr darum, im Folgenden einmal aufzuzeigen, dass das Skin Picking den Kanal der Emotio benutzt, um seine Kraft aufrechtzuerhalten und demgegenüber auch deutlich zu stellen, dass wir Skin Picker uns dessen auch bewusst sein können, dass das Skin Picking auf keinem Pfad der Logik daherschreitet.
Ich habe im Rahmen meiner Skin-Picking-Laufbahn schon mit einigen Betroffenen Gespräche über das Skin Picking führen dürfen und wenn ich eine Sache sicher sagen kann, dann, dass alle Betroffenen ausnahmslos sehr selbstreflektierte, aufrichtige, gebildete, aber eben auch vor allen Dingen gefühlsbetonte Menschen sind. Ohne mich jetzt in die Rolle einer Expertin begeben zu wollen, konnte ich aus der Perspektive einer Selbstbetroffenen die Erkenntnis generieren, dass wir eine sehr starke Emotio zu haben scheinen und ich glaube, dass genau dieser Umstand es dann dem Skin Picking auch so unverschämt leicht macht, sich aufrechtzuerhalten und weiterhin zu fruchten! Es weiß, dass wir über unsere Emotionen sehr leicht zu erreichen sind. Es weiß, dass wir Dinge wie Bindung, Treue und Stabilität brauchen und hoch schätzen. Es weiß aber auch, dass wir viele Selbstzweifel in uns tragen und uns beizeiten gerne an etwas klammern, was uns Sicherheit gibt.

Im gleichen Atemzug kommen wir aber spätestens auch nach einiger Zeit der Auseinandersetzung mit unserem Krankheitsbild zu der Erkenntnis, dass die skin-picking-bezogenen Gedanken nicht echt sind, egal, wie logisch und aufrichtig sie uns erscheinen mögen.
Der erste Schritt ist vielleicht mit der schwierigste: Wir müssen uns von der Vorstellung lösen können, dass alles, was unser Gehirn uns alltäglich an Gedanken produziert, echt ist. Natürlich ist es eine wertvolle Fähigkeit, dass wir grundlegend unseren Gedanken Vertrauen schenken können. Sie sichern nicht nur unser Überleben, sondern helfen uns auch bei wichtigen Einschätzungen und
Entscheidungen. Somit liegt uns im ersten Schritt die Vorstellung fern, dass nicht nur alles produktiv, geschweige denn wahr ist, was wir alltäglich denken. Ganz im Gegenteil, denn die Erkrankung mischt sich unter genau diese wertvollen Gedanken, sodass es irgendwann immer schwieriger wird, eine klare Trennlinie zwischen den Gedanken zu ziehen. So schmerzhaft es auch ist: Ich versuche mir immer wieder vor Augen zu führen, dass ich meiner Wahrnehmung nicht immer trauen und folgen darf.
Mein Denken unterliegt einer Menge gefährlicher Verzerrungen, die mir nicht nur auf kurze Sicht schaden, sondern auch langfristig einen Container an Einschränkungen und Gefährdungen mit sich bringen. Deswegen sollte es um die Auseinandersetzung mit diesen schwierigen Gedanken gehen und man sollte beginnen, diese zu identifizieren und immer wieder auf ihren Realitätsgehalt zu prüfen.

Ich bin gerne ein Mensch, der den Gefühlen Vorrang vor der Logik gibt, aber dies geht nicht auf Kosten meiner eigenen (psychischen) Gesundheit!
Um meinen Beitrag hiermit abzurunden, möchte ich ein paar wesentliche Gedankengänge nennen, die mein Skin Picking mir regelmäßig vorspielt und möchte dem dann die logische Vernunft gegenüberstellen, um noch einmal abschließend darauf hinzuweisen, dass das Skin Picking nichts mit der Realität zu tun hat! Wir sind gut so wie wir sind und die Gefühlszustände, die die Krankheit in uns auslöst, sind war gewiss auf der Gefühlsebene echt, aber keineswegs langfristig gehaltvoll! Ich persönlich kenne das Gefühl, wenn ich dem Skin Picking nicht gegensteuern kann, obwohl ich doch weiß, dass es keine rationale Grundlage für die spezifische Anspannung gibt. Aber dies zeigt nur einmal mehr, was für eine hohe Kraft die Dermatillomanie doch besitzt!
Vielleicht erweckt diese ungeschönte Tabelle auch in dir einmal das Interesse, das gleiche Schema auf dein Skin Picking anzuwenden, denn ich finde, eine der wertvollsten Möglichkeiten, etwas über uns zu lernen, ist die produktive Auseinandersetzung mit unseren Gedanken – und dafür darf man, auch, wenn es unglaublich schwierig ist und in dem Moment unserer Natur zu widerstreben scheint, einmal die emotionale Ebene verlassen und mehr auf die Vernunft hören, sie wünscht uns nur das Beste!



Bei der Fertigstellung dieses Beitrags kam mir dann noch der Gedanke, dass ich keinesfalls den Eindruck eines einseitig negativen Bildes des Skin Pickings erwecken möchte. Ich könnte wahrscheinlich Ewigkeiten darüber erzählen, welche unglaublich wertvollen Qualitäten das Skin Picking besitzt. Angefangen bei den regulatorischen Möglichkeiten, hinüber zu den identitätsstiftenden Eigenschaften bis hin zu dem Umstand, dass es einen Grund hat, warum es in unser Leben getreten ist und somit auch stückweise ein wichtiger haltgebender Begleiter auf der Reise unseres Lebens ist. Trotzdem muss es selbstverständlich in unserem Interesse sein, an diesem Anteil in uns zu arbeiten und Wege zu finden, die Qualitäten des Skin Pickings durch produktivere Verhaltensweisen zu ersetzen!

Danke für eure Zeit und euer Interesse! Vielleicht konnte ich euch ein paar neue Einsichten mit auf den Weg geben und neue Wege der Auseinandersetzung in euch anstoßen!
Fühlt euch umarmt, eure Janika <3
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