23. Januar 2024

Don't be fooled



Zwei ganz interessante Aufnahmen, oder? So für sich allein stehend würde sich der ein oder andere Betrachter vielleicht nicht viel denken, aber direkt gegenüberstehend ergibt sich ein ziemlicher Kontrast. Der ist natürlich beabsichtigt - ich finde es einfach immer wieder spannend, solche Gegenüberstellungen zu machen und darüber zu philosophieren, was ich beim Anblick für Assoziationen und Erkenntnisse sammeln kann.

"Don't be fooled" ist der Titel. Treffend, aber nicht erschöpfend. Natürlich seht ihr hier, dass man mit einfachen Mitteln dafür sorgen kann, ein KOMPLETT anderes Äußeres zu schaffen und somit sein Erscheinungsbild maßgeblich zu beeinflussen. Licht, Winkel, Make-Up, Kleidung und wenn ich gewollt hätte, wäre mittels Bildbearbeitung noch sehr viel mehr möglich gewesen (siehe dazu auch diesen Beitrag). Gleichzeitig seht ihr auch etwas in meinen Augen, nicht wahr? In der geschminkten Version könnte man mir unterstellen, dass meine Augen mehr strahlen und dass ich mich wohler fühle. Eventuell würde man sogar so weit gehen und sagen, dass diese Momentaufnahme an einem deutlich besseren Tag (was kann "ein besserer Tag" alles bedeuten?) entstanden ist. Dabei liegen diese beiden Bilder nur fünf Tage auseinander. Die Haut kann in sich in dieser kurzen Zeit kaum verändert haben. Ebenso wenig hat sich die Situation bzw. Lebenslage geändert, in der ich war. Klar, der Ort ist ein anderer und vielleicht waren die Themen in meinem Kopf auch anders gewichtet. Aber es sind nur Feinheiten und doch möchte ich zugeben: Ja, geschminkt fühl(t)e ich mich wohler und sicherer. Mir fiel das Lächeln ein Stück weit leichter. Ich konnte mich mit weniger Mühe auf andere Dinge als meine Haut konzentrieren. Ich konnte besser im Außen sein, lockerer mit anderen Menschen kommunizieren und soziale Interaktion mehr genießen. Das wären nur ein paar Beispiele, ich möchte allerdings auf etwas anderes hinaus.

Und zwar bin ich in beiden Fällen die gleiche Jacqueline. Mit den gleichen Stärken und Schwächen. Mit den gleichen Fähigkeiten und Talenten. Mit dem gleichen Wissen und mit den gleichen Erfahrungen. Mit den gleichen Werten und Eigenschaften. Auf beiden Bildern bin ich gleich viel wert und in gleichem Maße liebenswert. Ich habe verdient, schöne Momente zu erleben und wertvolle Erinnerungen zu sammeln - egal, wie meine Haut aussieht; egal, wie ich gekleidet bin; egal, ob und wie sehr ich geschminkt bin. Wie ich aussehe, erlaubt mit keiner Garantie einen Rückschluss darauf, wie es mir geht und was mich beschäftigt. Ich kann geschminkt sein und einen schlechten Tag haben, sodass ich mich überhaupt nicht wohlfühle. Ich kann ungeschminkt sein und den besten Tag seit Langem erleben, an dem ich keinen Gedanken an meine Haut verschwende. Was ich unternehme und wie ich mein Leben gestalte, darf unabhängig von meinem Erscheinungsbild und meinem derzeitigen Hautzustand sein. Letztendlich steckt hinter jeder geschminkten Version von mir doch sowieso die ungeschminkte Wahrheit. Wer diese ungeschminkte Jacqueline zu sehen bekommen darf, entscheide ich (größtenteils) selbst. Dennoch wünsche ich mir irgendwo, dass jederzeit der Raum dafür da ist, vorurteilsfrei in jeder Version von mir existieren zu dürfen. Ob ich das tatsächlich tue, ist ein anderes Paar Schuhe. Mir geht es um die Möglichkeit, um die Wahl. Ich kann es nicht ab, wenn ich mich dazu gezwungen fühle, mich schminken und auf eine bestimmte Weise kleiden zu "müssen"...

Achja und darüber hinaus fällt mir gerade spontan noch ein: Ich habe oben von Momentaufnahmen gesprochen. Ich finde, diesen Begriff dürfen wir uns beim Medienkonsum stärker vor Augen halten. Fotos sind nur Aufnahmen eines winzigen Moments. Sie können wahnsinnig viel ausdrücken, aber auch total viel verbergen. In dem einen Moment mache ich ein Foto von mir, wie ich mich für die Arbeit fertiggemacht habe und wenige Stunden später kann es sein, dass ich bei meiner Abendroutine in eine intensive Drücksession gefallen bin. In dem einen Moment stehe ich in denkbar ungünstigem Bib-WC-Licht und gleichzeitig kann es sein, dass ich kurz vorher mit einer lieben Freundin in der Mensa essen war, viel gelacht habe und sie sich vielleicht sogar dachte "Jacqueline strahlt heute wieder so!". Bewusstes und aufmerksames Hinschauen lohnt sich. Für euch und für eure Mitmenschen.

...Heute mal wieder ein paar random Gedanken, die hoffentlich als Reminder bei euch ankommen! Liebe geht raus! <3

4 Kommentare:

  1. Wieder ein toller Blog-Eintrag von dir, in dem du mit so, so vielem Recht hast!
    Was mir außerdem beim Betrachten deiner Aufnahmen durch den Kopf ging, war:
    Links - das "typische" Bewerbungsfoto/ die öffentliche Person,
    Rechts - ich (allein) zuhause/ die private Person
    Was mir in diesem Kontext zu schaffen macht, ist der Druck, sich als Skin Picker (oder allgemein jemand mit einem Verhalten, das nicht "in die Schublade passt") in diese öffentliche Person verwandeln zu müssen, um als kompetent, belastbar und verlässlich eingeschätzt zu werden, ob beim Bewerbungsgespräch oder der Wohnungsbesichtigung etwa.
    Da ist das, was du machst, gesellschaftlich so wichtig: Dass immer wieder ins Bewusstsein gerückt wird, dass Äußerlichkeiten nicht als Indikator für Fähigkeiten oder Eigenschaften verwendet werden sollten.

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    1. Oh dankeschön, ich freue mich so sehr über das Feedback und dass derzeit einige Kommentare reinkommen. :)

      Interessanter Gedankengang, genau so etwas beschäftigt mich zurzeit auch ziemlich. Wollte darüber demnächst nochmal gesondert schreiben, weil ich jetzt ja genau in dieser Situation bin, in der ich auf Jobsuche bin. Empfinde das nämlich genauso wie du! Total belastend... Aber es bedeutet mir ne Menge, dass du meine Arbeit in dem Kontext wertschätzt! Dankesehr. <3

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    2. Sehr gerne! :)
      Ich kann das absolut nachempfinden, dieses belastende Gefühl!
      Und cool, dass du zu der Thematik schon vorhattest, was zu schreiben (aber kein Stress, wann immer es passt, falls es passt ;)
      Ich fände bei der Thematik mega interessant, ob man sich mal Folgendes anschauen kann: Von sehr, sehr vielen Betroffenen höre ich nämlich, dass alle diesen sehr großen Druck empfinden, wenn es darum geht, zu einem bestimmten Termin "makellos" oder "normal" zu erscheinen, da gibt es verschiedenste Beispiele dafür, was dieser Termin sein kann: ein Bewerbungsgespräch, eine Familien- oder Hochzeitsfeier, ein erstes Date, oder oder... Und alle berichten darüber, dass gerade durch diesen empfundenen Druck, sein BFRB ja unter Kontrolle zu haben bis zu dem Tag X, der Drang, genau dieses Verhalten auszuüben nochmal steigt, sodass das Risiko eine Episode zu haben gerade dann akut ist, zum schlechtest möglichen Zeitpunkt quasi.
      Das fände ich sehr interessant, wenn man diese Problematik mal auseinander nehmen könnte, und über mögliche Strategien nachdenken könnte, wie man damit (noch) umgehen könnte. Darüber werd ich auf jeden Fall auch noch weiter nachdenken!
      Ich wünsche dir alles Gute und vor allem Gelassenheit für deine anstehende Jobsuche!! :)

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    3. Jaaaa, ich weiß, was du meinst. Ich habe mir früher auch solche Anlässe als Zwischenziele genommen und dabei oft lernen müssen, dass es den Druck erhöhen kann. Druck und Stress wirken sich meistens negativ aus, auch, wenn wir uns mit dem Druck vielleicht eigentlich helfen wollten. Mh, ich kann versuchen, mir darüber auch mal Gedanken zu machen, gebe aber zu, dass ich da selbst noch keinen zufriedenstellenden Umgang mit gefunden habe. Und danke für deinen letzten Satz! :)

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