21. April 2020

Angebot zum Austausch und Online-Selbsthilfegruppentreffen

Hallo ihr, da bin ich schon wieder.

Mir kam gerade eine spontane Idee und ich dachte mir: "Vielleicht bin ich damit etwas spät, aber warum nicht?". Die seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten, bestehende Situation ist für sehr viele Menschen nicht leicht und das aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich will jetzt gar nicht anfangen, diese Gründe aufzuzählen, da die Liste am Ende bestimmt immer noch unvollständig wäre. Ihr könnt euch sicher denken, was ich in etwa meinen könnte.

Aber gerade für Menschen mit psychischen Krankheiten, Ängsten, Depressionen usw. kann es zurzeit besonders schwer sein. Dazu zählen auch wir Skinpicker. Die vermehrte (freie) Zeit zuhause und in der Nähe von Spiegeln kann zu häufigeren und/oder längeren SP-Episoden führen, das wiederum zu mehr negativen Gefühlen diesbezüglich und das natürlich zu noch mehr Drückereien und Kratzereien - der "gute Freund" Mr. Teufelskreis. Der Austausch mit geliebten Personen fällt darüber hinaus mehr oder minder weg, sodass sich auch schwieriger Trost eingeholt werden kann. Doch womit ihr euch sicher sein könnt: Ihr seid damit nicht alleine!

Ich möchte euch deshalb ein Angebot machen. Falls ihr großen Bedarf zu einem Austausch unter Gleichgesinnten habt, dann meldet euch gerne per Mail bei mir (die Mailadresse findet ihr unter "Über mich" oder unter jedem Post)! Dass ihr mich per Mail erreichen könnt, ist nicht neu, aber das nutzen nur wenige Leser und Betroffene. Ich dachte mir, dass ich euch in dieser schwierigen Zeit erneut dazu motivieren möchte, mir zu schreiben, falls ihr das möchtet und vielleicht sogar schon einmal darüber nachgedacht, aber euch nicht getraut habt. Ich bin kein Arzt und kein Therapeut, aber ich gehe den gleichen Weg wie ihr und kann euch daher wahrscheinlich gut verstehen. Virtuelle Kommunikation ersetzt zwar keine persönliche Kommunikation oder Nähe, aber es ist besser als nichts, oder? Ich würde mich freuen!

Übrigens: Falls ihr schon immer Interesse daran hattet, am Treffen einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen, aber die Standorte der Gruppen zu weit weg waren, ist eure Chance gekommen! Die Selbsthilfegruppe Köln unter der Leitung von Ingrid Bäumer führt ihre Treffen in der Coronazeit online via Skype (aktuell jitsi?) durch. Vielleicht mögt ihr da vorbeischauen? Mehr Infos dazu findet ihr unter den folgenden Links:
https://de-de.facebook.com/SkinPickingSelbsthilfe/
http://meine-haut.blogspot.com/

Das war's für heute, bis bald wieder.

19. April 2020

SP-Tage fallen aus

Guten Abend!

Leider muss ich die Info aus diesem Post bereits revidieren, vielleicht hatte es der ein oder andere Leser ja schon im Gefühl... Die SP-Tage im Jahr 2020 werden aufgrund der Coronakrise ausfallen und dann wahrscheinlich erst im Oktober 2021 wieder stattfinden, aber der genaue Termin dafür steht noch nicht. Ich persönlich finde das mehr als schade und um ehrlich zu sein auch ein klein wenig übertrieben, schließlich ist der Oktober noch ein halbes Jahr hin. Aber ich sehe ein, dass es nur richtig ist, auf Nummer sicher zu gehen und dass aufgrund des Planungsaufwands früh genug entschieden werden muss, wie verfahren wird.

Die Infos hierzu stammen von Ingrid Bäumers Newsletter-Blog. Auf dieser Seite werdet ihr unter Anderem diesbezüglich gut auf dem Laufenden gehalten, schaut da also gern genauso oft vorbei wie auf meinem Blog. :)

10. April 2020

Ein anderes Ich

Zeit für ein wenig Selbsttherapie!

Ich fühle mich wieder unwohl in meinem Körper, da mein Hautzustand (mal wieder, wie immer) schlechter geworden ist. Ich hasse gerade jede einzelne Sekunde davon, in dieser Haut zu stecken. Will mich wie eine Schlange häuten können - diese Schicht ablegen, nie wieder sehen müssen und von vorne beginnen.

Da das nicht geht, erinnere ich mich an letzte Woche Samstag. Ich habe ein paar Tage bei meinem Vater und meiner Schwester verbracht und am besagten Tag hat sich meine Schwester mit Schminke an mir ausprobieren dürfen. Sowas Ähnliches haben wir Silvester 2018/2019 bereits gemacht, wo dieser Vorher-Nachher-Teil draus entstanden ist. Dieses Mal durfte sie von vorne bis hinten alles selbst machen. Wie ich finde, hat sie sich dabei selbst übertroffen und als ich das Ergebnis erblicken durfte, war ich geflasht. Nach jetzt einiger Zeit komplett ohne Schminke hatte ich mit diesem "Full-face-Makeup" den Eindruck, ich wäre ein anderer Mensch. Ohne Witz, ich habe mich kaum wieder erkannt und ich fand es viel besser als beim letzten Mal. Ich fand mich ehrlich schön und bedauerte es, mich nicht selbst so herrichten zu können. Die Vorzüge meines Gesichts kamen viel besser zur Geltung als sonst...tja, meine Wunden, Pickel und Unreinheiten drängen sie im ungeschminkten Zustand eben ziemlich in den Hintergrund. Andererseits fühlte es sich schon ein wenig an wie eine Maske, die allen Menschen um mich herum etwas vorlügt. So sehe ich eben nicht aus, es ist nur eine andere, ziemlich unechte Version von mir. Schön ist sie trotzdem!

Fotos wurden selbstverständlich auch gemacht, um dieses Aussehen festzuhalten. Diese Bilder sind es, die mich genau in diesem Moment therapieren sollen. So kann ich auch aussehen. Das bin auch ich. Nicht nur diese verpickelte Scheißvisage, die ich mehr als satt habe.




Vielleicht sollte ich anfangen, mir einen großen Topf Motivation anzulegen. Da kommen dann verschiedene Zutaten hinein undzwar aus den unterschiedlichsten Quellen von Motivation. Zusammen ergeben die vielen kleinen Teile eine große Menge, die nicht nur in einer Hinsicht, sondern in unzählig vielen Hinsichten motivierend und kräftigend ist.

Und achja, ich wünsche euch ein frohes Osterfest! Bleibt gesund und munter.

5. April 2020

Derma Self Love Club - 8

Guten Nachmittag. :)

Ich möchte dieses Mal gar nicht viel sagen, weil Janika, die innerhalb dieser Postserie von ihrem Leben mit dem Skin Picking erzählt, umso mehr zu teilen hat. Sie gibt euch im "Derma Self Love Club" immer wieder Teile ihrer Geschichte preis und bei diesem Part wird es besonders persönlich. Falls ihr Lust habt, von einem positiv emotionalen Erlebnis zu lesen, dann seid ihr hier richtig. Als ich die Zeilen gelesen habe, habe ich intensiv mitgefühlt und mich an ähnliche Situationen in meinem Leben erinnert. Stimmt euch darauf schonmal ein, dann gebe ich das Wort ab.

"Hände

Hallo zusammen,

heute melde ich mich einmal wieder mit einem Beitrag zurück, denn die letzte Woche über ist etwas Besonderes in Bezug auf mein Skin Picking passiert, das dann vorgestern Abend seinen wirklich krönenden Abschluss gefunden hat und dies möchte ich nicht unerzählt lassen.

Also, was ist passiert? Seit nun über zweieinhalb Jahren bin ich aufgrund meiner Dermatillomanie „Dauerhandschuhträgerin“. Ich trage diese Einmalhandschuhe rund um die Uhr, denn sie stellen für mich die notwendige Barriere da, damit mein Skin Picking nicht dauerhaft in längere und unkontrollierte Episoden ausartet. Ich muss das etwas konkretisieren. In den Anfängen war ich rund um die Uhr darauf angewiesen, also sowohl, wenn ich allein war, als auch wenn ich in Gesellschaft war. Nur in Situationen, in denen ich das Tragen der Handschuhe wirklich gar nicht hätte erklären können, zog ich sie aus und das ging dann mit einer extremen inneren Anspannung einher. Seit gut einem Jahr schaffe ich es mittlerweile aber, die Handschuhe nur noch dann anzuziehen, wenn ich allein bin. Sobald ich raus gehe, habe ich es mir erfolgreich angewöhnt, auch ganz gut ohne die Handschuhe auszukommen. Das ständige Tragen hat aber meine Hände wahnsinnig kaputt gemacht. Vielleicht gibt es unter euch auch Handschuhträger, die diese Problematik kennen: Die Haut wird rissig, die Hände fangen an zu brennen und anzuschwellen, sobald sie wieder mit Luft in Kontakt kommen und die Nägel sind brüchig. Hinzu kommt, dass mit der Zeit der Eigengeruch der Handschuhe in die Hände einzieht und da dann selbst regelmäßiges intensives Händewaschen und Eincremen nicht mehr ausreichend ist, den Geruch zu entfernen und die Hände gesund zu pflegen. Ich muss jedoch tatsächlich sagen, dass das für mich immer sehr kleine Risiken und Nachteile waren, die ich bereitwillig in Kauf nahm, denn die Handschuhe milderten meine dauerhafte Not etwas ab.

Kommen wir zum eigentlichen Thema meines Beitrags. Vor einer Woche passierte es dann. Ich weiß nicht wie und ich weiß auch nicht warum gerade jetzt, aber es war wie ein kleiner innerer Wandel, ein kleiner Anstoß meiner sonst so zerschlagenen Hoffnung. Eine Stimme flüsterte mir zu: „Du brauchst sie jetzt nicht mehr!“. Ich schaute auf meine Hände hinab und streifte die Handschuhe von den Händen. Ich erwartete die übliche Anspannung, Sorge und das Kribbeln, aber nichts passierte. Ich setzte mich an meinen Laptop und erledigte Unikram, immer noch passierte nichts. Der Impuls war besänftigt, er trieb mich nicht dazu an, zu knibbeln, kratzen oder Ähnliches. Er hielt sich im Hintergrund und konnte ausgehalten werden.

Das ist nun eine Woche her. Natürlich bin ich alles andere als skinpickingfrei, aber ich habe nicht mehr das Gefühl, dass die Handschuhe die optimale Lösung sind. Die Haut meiner Hände hat sich regeneriert, sie ist wieder softer und meine brüchigen Nägel kommen langsam wieder in ihre ursprüngliche Form zurück.

Auch im Schlaf… kein Skin Picking. Ich habe lange Zeit im Schlaf Skin Picking betrieben, einer der Gründe, warum ich damals mit den Handschuhen angefangen habe. Ein guter Gedanke, ein schützender Gedanke, der etwas aus dem Ruder gelaufen ist, da sich die Gewohnheit dann auch auf den Tag ausgebreitet hat. Jetzt kann ich ohne Handschuhe schlafen. In den ersten Nächten hielt ich sie zur Beruhigung noch in meinen Händen, als ein kleiner Anker, der mir zeigte, dass wenn die Not wächst, ich die Handschuhe sofort griffbereit habe. Ein emotionaler Gegenstand, der nach und nach seine fordernden Qualitäten verliert.

Eine Ausnahme muss ich nun jedoch der Vollständigkeit halber ansprechen. Auf die Handschuhe bei der abendlichen Körperpflege, also vornehmlich beim Duschen, war ich weiterhin angewiesen. Mein Tattoo „One Step At A Time“ hat mir in Erinnerung gerufen, dass ich mich nicht übernehmen möchte. Mein Gefühl sagte mir, dass ich beim Duschen, einem Pflegeritual, bei dem man seinem Körper besonders nahe ist, noch auf Nummer sicher gehen sollte. Das war total in Ordnung für mich, denn was ich in den letzten Tagen geschafft hatte, ist einfach nur großartig, oder? Dann kam der vorgestrige Abend. Ich ging schon in die Küche, um meine Handschuhe für das Duschen zu holen, da hielt ich an. „Es ist soweit!“. Ich ging, ohne meine Handlung zu beenden, in das Badezimmer und stieg in die Dusche. Ich schaute auf meine nackten Hände, die die Duschtür schlossen und an der Armatur die Temperatur und Stärke des Wasserstrahls einstellten. Und dann kam der Moment. Ich ließ das Wasser, erst zögerlich, dann immer selbstsicherer, über meine Hände fließen. Es war unglaublich. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wie es sich anfühlt, wenn das Wasser aus einem Duschkopf über meine nackten Hände läuft. Ich hatte den Eindruck, dieses Gefühl vergessen zu haben, es fühlte sich so an, als wären meine Hände noch nie so berührt worden. Es war ein leichtes Prickeln und ich merkte, wie sich ein neuronales Feuerwerk in meinem Kopf entfachte. Es war eines der ehrlichsten Gefühle, die ich seit Langem gespürt habe und ich war so stolz auf mich. Stolz auf sich selbst zu sein, kann ein so gesunder Nährboden für Weiteres sein. Ein Motivator. Und diesen spürte ich schon sofort. Ich ging einen Schritt weiter und fuhr mit meinen Fingern über die Düsen des Duschkopfes. Die kleinen Unebenheiten brachten mich zum Lächeln. Ich fuhr vertikal über die Fläche, dann horizontal und anschließend drehte ich mit meinen Händen immer wieder kleine Kreise, kleine Wirbel, so lange bis ich anfing zu weinen. Ich weinte vor lauter Freude und Dankbarkeit. Ich weinte, weil ich nicht gedacht hätte, dass ich es jemals schaffen würde, eine so starre und hartnäckige Gewohnheit abzulegen und das ohne den Eindruck, ich müsste einen ebenso starren und hartnäckigen Widerstand leisten. Es geschah natürlich und fühlte sich natürlich an.

Das, was da passierte, war ein Schritt zurück zu mir selbst. Das, was viele Menschen ohne großes Nachdenken alltäglich schaffen, musste ich mir über zweieinhalb Jahre zurück erkämpfen. Zweieinhalb Jahre, um wieder dahin zurückzukommen, was auch ich über neunzehn Jahre einfach so konnte. Ich habe mich anschließend gedanklich provoziert und mir selbst das Angebot gemacht, wieder zu meinem Status Quo zurückzukehren. Aber nein, nichts in mir sehnte sich nach den Handschuhen und tut es auch immer noch nicht. Ich hoffe, dass ich noch eine Weile an dieser Süße des Lebens teilnehmen darf.

Ich habe auf die sanfte Art und Weise eine Lektion gelernt: Wir müssen nicht ständig Widerstand leisten, um stärker zu werden und unseren Zielen näherzukommen. Manchmal besteht der Schlüssel zum Erreichen etwas Größerem darin, dass wir es einfach ruhen lassen. Dann kommt es eines Tages von ganz allein. Es hat bei mir an die tausend Tage gedauert, tausend Mal der Versuch, sich gegen mich zu stellen, um normaler zu sein, um gewöhnlicher und anständiger zu wirken. Und als ich versucht habe, nicht mehr eine potentiell bessere Version von mir wie wild zu jagen, kam sie von ganz allein und richtete sich in mir ein Zuhause ein. Die Unterkunft ist noch nicht fertig, aber sie wird von Tag zu Tag gemütlicher und ich würde mich freuen, wenn es eine „handschuhfreie Zone“ wird. Aber ich hetze nicht mehr danach. Kein Wunder, ein scheues Waldtier kommt erst recht nicht, wenn man Gewehre darauf richtet. Die Lösung liegt in der Sanftmut und in der Milde, insbesondere sich selbst gegenüber, dann fallen die Dinge manchmal von ganz allein zusammen.

Fühlt euch gedrückt,
eure Janika"