11. Juni 2020

Ankündigung - Neue Homepage zu BFRBs

Einen schönen guten Tag, ihr Lieben!

Wenn ich gute Nachrichten habe, tendiere ich zu ausschweifenderen Begrüßungen als sonst, schon gemerkt? Heute habe ich nicht nur gute, sondern wirklich ganz fabelhafte News!

Undzwar gibt es eine neue, deutsche Internetseite zu BFRB's (body-focused repetitive behaviors) wie Skin Picking, Trich und andere körperbezogene Verhaltensweisen. Seitenbetreiberin ist Christina Gallinat, Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum Heidelberg, die darüber hinaus zu Skin Picking forscht und die SP-Tage 2018 mitorganisiert hat. Sie möchte sich mit ihrer neuen Homepage dafür einsetzen, dass Krankheiten wie Skin Picking mehr Aufmerksamkeit bekommen und das vor allem durch Anlaufstellen mit guten und verlässlichen Informationen.

Ausschnitt von Christinas neuer Internetseite

Bevor ich euch den Link gebe und ihr euch selbst überzeugen könnt, möchte ich etwas Wichtiges loswerden. Ich habe mir bereits alles, was an Inhalt schon da ist (die Seite befindet sich nämlich noch im Aufbau) durchgelesen und kann daher mit gutem Gewissen versichern: Ihr werdet so schnell an keine bessere Internetseite zu dem Thema kommen. Christina Gallinat hat nicht nur eine sehr übersichtlich gestaltete, sondern auch eine unheimlich kompetente, informative und umfangreiche Internetseite erstellt! Auch ich habe an der einen oder anderen Stelle noch etwas gelernt und immer wieder das Gefühl gehabt, dass Formulierungen in besonderer Weise gelungen sind. Nicht zuletzt ist der richtige Ton an jeder Stelle getroffen, denn wir und unsere Krankheiten wurden mit beachtlichem Respekt, tiefem Einfühlungsvermögen und großer Sensibilität dargestellt. Man spürt, dass sich Zeit genommen und sich Mühe gegeben wurde. So habe ich mich als Betroffene total verstanden gefühlt - auch so sehr, dass ich einige Tränen vergossen habe. Ich finde die Seite ernsthaft so gelungen, dass ich sie an Angehörige weitergeben werde, weil ich das Gefühl habe, dass man nach der Lektüre wesentlich besser verstehen könnte, was es mit der Dermatillomanie auf sich hat. Vielleicht möchtet ihr das auch tun, es gibt sogar einen Teil nur für Angehörige von Betroffenen.

Nun spanne ich euch aber endlich nicht mehr auf die Folter!
 
Alles in allem möchte ich eine große und dringende Empfehlung für Christinas gelungene Internetseite aussprechen! Vielen herzlichen Dank für dieses Engagement! Ich spreche wahrscheinlich für jeden Betroffenen, wenn ich sage, dass solch ein Einsatz uns ganz viel wert ist! Hoffentlich können wir diese Seite weit verbreiten, sie viele Menschen, ob betroffen oder nicht, lesen lassen und dadurch dazu beitragen, dass BFRB's bekannter werden. Das natürlich nicht nur in Kreisen unserer Gesellschaft, sondern auch in den Kreisen der Mediziner, Therapeuten und Psychologen, denn der erforschte Wissensstand zu unseren Krankheiten ist einfach noch viel zu gering.
Daher der Aufruf: Teilt diese Website!

Ich werde sie auch auf meinem Blog verlinken undzwar auf der Seite "Was ist Skin Picking?". Dort könnt ihr sie ab heute immer finden.

14. November 2017

Dermatillomanie als Lernprozess

Hallö'chen, liebe Leser!

Gleich in den ersten Wochen meines Studiums habe ich nun durch eine meiner Vorlesungen die erste Inspiration für das Thema Dermatillomanie erhalten. Und das, obwohl meine Studiengänge (ich studiere im 2-Fach-Bachelor) eigentlich sehr wenig mit der Psyche des Menschen zutun haben. Hätte ich in keinster Weise so erwartet, aber dadurch sieht man eben, wie viele Zusammenhänge es in andere Richtungen gibt und dass Alles irgendwie miteinander verbunden ist.

Auf welches Unterthema möchte ich heute zu sprechen kommen? Ich kann euch sagen: Es ist ein riesiges, zum großen Teil kompliziertes und unerforschtes Unterhema. Es geht um die Wurzeln des Skin Pickings: Wie, wann und vor allem warum haben wir Skin Picker diese Verhaltensweise entwickelt? Hat die Entwicklung des Skin Pickings etwas mit einem Lernprozess zutun? Und wenn das Verhalten "angelernt" ist, ist es dann möglich, es wieder zu "verlernen" und durch etwas Neues zu ersetzen? Wenn ja, wie sähe das aus? Ihr seht anhand dieser Fragen schon, wie groß dieses Unterthema ist und wie schwer die Beantwortung dieser Fragen erscheint. Es gibt bereits viele Forschungsansätze, die Skin Picking als angelerntes Verhalten ansehen. Auf dieser Basis aufbauend gibt es auch einige Therapieansätze, die versuchen, unser Verhalten langsam und Stück für Stück durch ein neues, weniger schadendes Verhalten zu ersetzen. Es wird versucht, einen "Umlern-Prozess" in Gang zu bringen.

All das ist mir nicht neu und ihr dürftet von diesen Informationen ebenso wenig vom Hocker gehauen sein. Doch das Wissen um diese Grundlagen ist wichtig für das, was ich euch heute zeigen möchte. Es ist ein Youtube-Video mit dem Titel "Wie lernen Kinder? Aktuelles aus der Gehirnforschung" (Link dazu weiter unten). In diesem Video verfolgt man eine Vorlesung des Neurologen und Medienkritikers Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer - der Psychologie, Philosophie und Medizin studierte - von der Universität Ulm. Das komplette Video geht 1,5 Stunden und ist durchaus extrem spannend und sehenswert, jedoch kommt es mir in diesem Kontext nur auf einen Ausschnitt an, den ich euch gleich näher eingrenze.

Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=vujELzwcdpQ

In der besagten Vorlesung meines Studienfachs schaute ich die ersten 32 Minuten des Videos und weil ich so gefesselt und interessiert war, zog ich mir zuhause den Rest rein. Damit entdeckte ich den Abschnitt, den ich euch heute vorstelle und der mich in dem Moment stark zum Nachdenken brachte. Falls ihr nicht selbst die 94 Minuten sehen wollt, gebe ich euch an dieser Stelle wichtiges Vorwissen vom Anfang der Vorlesung: Die Definition des Lernprozesses formuliert Manfred Spitzer so, dass es nichts mehr ist, als die Erstellung und anschließende Verstärkung von Verbindungen zwischen Neuronen, die dadurch erreicht wird, dass wiederholt Aktionspotenziale über die Synapsen laufen. Kurz: Lernen = Spuren legen. Außerdem stellt er fest, dass sich das Gehirn dauerhaft verändert, weil jedes Aktionspotenzial und jeder Aufruf einer Verbindung/Erinnerung 'Spuren' hinterlässt.

Es wird langsam heißer und ich empfehle euch ab jetzt, selbst einen Blick in den Link zu werfen. Ab 29:11 des Videos stellt uns Spitzer ein sehr anschauliches Beispiel von einem Park vor, in dem 30cm Neuschnee liegt. In diesem Park gibt es einen Ein- und Ausgang, einen Glühweinstand und einen Souvenir-Shop. Ab dem Punkt, wo die Tore des Parks geöffnet werden und Leute eintreten, entstehen Spuren durch die Wege der Menschen. Vom Eingang zum Glühweinstand, danach zum Souvenir-Shop und am Ende nach draußen. Diese Spuren entstehen deshalb, weil alle Menschen den gleichen, nämlich den einfachsten und kürzesten Weg gehen. Niemand würde einen Umweg durch den Schnee laufen und sobald die Spuren erkennbar sind, geht sowieso jeder auf den schon gemachten Trampelpfaden. Übertragen auf das Gehirn ist das Prinzip das Gleiche: Aktionspotenziale, die über Synapsen laufen, verstärken diese Verbindungen. Dort, wo kein Aktionspotenzial vorbeiläuft, wird nichts gestärkt. Je stärker eine Verbindung zwischen zwei Neuronen, desto schneller und leichter läuft das Aktionspotenzial da drüber. Und dafür können wir Menschen nichts, es ist ein automatischer Prozess. Stellen wir uns nun (anhand des Bildes vom Video ab 32:18!) einmal vor, dass der vorhandene Glühweinstand schließt und daraufhin ein neuer direkt nebenan aufmacht. Spitzer erklärt uns, wie die Leute nun laufen würden. Sie würden keinen neuen Weg durch den Schnee gehen, nein. Das wäre viel zu anstrengend! Die Leute würden erst den alten Weg, der schon da ist, nehmen, und dann ein Stückchen weiter zum neuen Glühweinstand gehen. Warum? Weil der Weg (zum großen Teil) schon da ist. Doch nicht nur das! Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer erzählt uns danach etwas sehr Erstaunliches: Seit 2003 weiß man, dass bereits vorhandene Spuren im Hirn auch dann weiter genutzt werden, wenn sie nicht mehr gut auf die aktuelle Realität passen.

Nun mein besagter Abschnitt (33:08), den ich beim Hören sofort auf das Skin Picking übertragen habe:

"Damit ist eins klar: Es ist viel leichter, sich eine schlechte Angewohnheit gar nicht erst anzugewöhnen, als sie wieder abzugewöhnen. Denn wenn hier [im Hirn] mal eine Spur ist, haben Sie richtig Mühe, noch eine neue Spur hinzumachen. Denn dann müssen Sie immer mit viel Mühe hier [auf der neuen Spur] trampeln und nochmal trampeln... Und bis da so ein schöner Weg draus wird, dauert es eine Weile. Und solange der nicht so schön ist wie der [der alte Weg] - wenn Sie spontan reingehen und haben es eilig, was nehmen Sie? Den [den alten Weg]! Und dann wird der wieder besser, dummerweise. Genau deswegen ist es so schwierig, umzulernen, wenn man schonmal was gelernt hat."

Was bedeutet das für uns als Skin Picker? Wir haben da mit dem Drücken, Kratzen etc. scheinbar eine sehr feste und gute Spur gelegt. Die ist so tief in uns verankert, dass es schier unmöglich scheint, dass es da noch einen anderen Weg gibt. Selbst wenn wir ein, zwei Mal einen anderen Weg gegangen sind, so bringt uns das leider sehr wenig. Ein, zwei Mal gegen mehr als tausend Mal sind ja nichts. Das erklärt, warum es so unheimlich schwierig ist, sich das Skin Picking ab- und sich eine neue Verhaltensweise anzugewöhnen. Was im Video nicht erwähnt wird, ich mir aber selbst dachte, ist Folgendes: Ohne einen alternativen, neuen Weg ist es sowieso aussichtslos, das Skin Picking loszuwerden. Denn irgendeinen Weg brauchen wir. Wenn kein anderer Weg da ist, bleibt uns nur das Skin Picking. Das erklärt wiederum, warum wir uns oft vorkommen wie jemand, der keine Wahl hat. Erst recht dann, wenn wir aufgewühlt und emotional sind und schnell einen Weg wählen müssen... Als ob uns da diese (vielleicht vorhandene) ganz leichte, kaum erkennbare Spur auffallen würde, wo uns doch diese perfekt benutzte Spur des Skin Pickings sofort ins Auge springt. Skin Picking ist also viel mehr als "nur" Skin Picking. Es ist ein Teil unseres Gehirns und damit ist es extrem schwer, es dauerhaft hinter uns zu lassen. Deswegen mag es sicher auch so viele Rückfälle geben... Selbst wenn man es geschafft hat, eine neue und attraktive Spur zu legen, so ist die alte Spur nicht gleich verschwunden. Nein, es braucht eine Menge Zeit, bis sie verblasst und sich (nach dem Beispiel von Spitzer) neuer Schnee drüber gelegt hat.

Das mag euch eventuell pessimistisch erscheinen, doch macht euch eins klar: Es bedeutet auch, dass uns immer die Möglichkeit gegeben ist, einen neuen Weg zu legen und zu gehen! Es ist nie zu spät. Mit viel Mühe und Durchhaltevermögen ist es nicht unmöglich, dem Skin Picking den Rücken zuzuwenden! Und egal, wie anstrengend es ist, sobald man es geschafft hat, kann man unendlich stolz und froh sein!

Dieser Post ist also dazu gedacht, euch auf dieses Wissen aufmerksam zu machen und euch darüber hinaus vielleicht einen Denkanstoß zu geben. Weil ich nicht so recht weiß, wohin mit diesem Post im Sinne der Labels, packe ich es mal bei "Was ist Skin Picking?" mit rein. Auch, wenn es das nicht ganz trifft.

Puh, viel Text heute. Nehmt es mir nicht übel, ich bin davon einfach nur extrem begeistert und gefesselt. Nichts ist spannender als das Gehirn des Menschen und seine Funktionen...

Bis zum nächsten Mal, wo ich euch hoffentlich wieder lockereren Inhalt mitbringe!

7. Februar 2015

Verschiedene Gesichter der Dermatillomanie

Mir war schon immer bewusst, dass die Gründe und Auslöser für das Drücken sehr unterschiedlich sein können. In der letzten Zeit habe ich versucht, bewusst darauf zu achten, was das Skin Picking für mich darstellt. So bin ich auf 5 verschiedene Seiten der Dermatillomanie gekommen, die ich euch nun vorstellen möchte. Beim Kampf gegen das Skin Picking ist es wichtig zu wissen, wieso man es macht, denn nur dann kann man sich ernsthafte Gedanken über Lösungsansätze machen. Ich möchte daher also versuchen, zu jeder einzelnen Facette Tipps zur Verhinderung zu geben.

1. Skin Picking als Zeitvertreib
Dies ist eine Seite der Verhaltensstörung, die ich ziemlich oft erlebe. Ich habe entweder nichts vor und deswegen Langeweile oder ich will mich vor anstehenden Aufgaben drücken, sodass ich mich in meine Dermatillomanie flüchte. Meistens sperre ich mich dafür ins Badezimmer, mache den Licht am Alibert an und drücke ausgiebig und lange an meiner Haut herum. Ziel ist dabei für mich (zumindest unterbewusst), möglichst viel Zeit damit zu verschwenden bzw. die nicht ausgefüllte Zeit "sinnvoll" zu füllen. Das Skin Picking stellt für mich in dem Moment eine Art Rechtfertigung dar, weshalb ich meine Augen vor dem eigentlich bösartigen Charakter des Skin Pickings verschließe. Im Normalfall will ich währenddessen auch nicht aufhören, sondern stundenlang damit weitermachen und daher ist es am Ende mindestens eine Stunde, die ich im Bad gestanden habe. Wenn ich fertig bin, kann es aber auch vorkommen, dass ich am Spiegel in meinem eigenen Zimmer weiter drücke. Es ist eigentlich so banal, das Ganze als einen Zeitvertreib zu verwenden, aber gleichzeitig ist es auch extrem verheerend.

Entgegenwirken kann man dieser Seite des Skin Pickings, indem man sich andere Lückenfüller für unausgeplante Tage sucht, wie z.B. malen, zeichnen, lesen, backen, fernsehen, aufräumen, putzen, Hausaufgaben usw. Das Gleiche gilt, wenn man sich unbedingt vor nervigen Aufgaben drücken möchte - lieber lenkt man sich mit dem PC, dem TV o.Ä. ab, als seine Haut zu zerstören. Letzendlich sollte man natürlich trotzdem die anstehenden Aufgaben erledigen, das ist klar. Aber das möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen, da es nicht das eigentliche Thema ist.

2. Skin Picking als Stressabbaumethode
In den letzten Tagen habe ich diese Seite der Verhaltensstörung das erste Mal bewusst bei mir selbst erkannt. Ich hatte einen unglaublich stressigen Tag und war total aufgewühlt und hibbelig. Als der Tag halb vorbei war und ich "nur" noch Hausaufgaben vor mir hatte, die ich zuhause erledigen kann, wo mich niemand sieht, musste ich den ganzen Stress in mir loswerden. Eigentlich höre ich dann Musik oder esse etwas, aber beides kam zu dem Zeitpunkt nicht in Frage, daher war Skin Picking leider der letzte Ausweg in meinen Augen, um das Stresslevel etwas zu senken. Näher betrachtet ist es also der Stress, der an meiner Haut drückt und den ich an meinem Körper rauslasse. Denn wenn ich fertig bin, geht es mir bezüglich des Stresses immer besser und ich bin ausgeglichener. Trotzdem bin ich mir bewusst, dass es der falsche Weg ist, um Stress entgegenzuwirken.

Besser ist, andere Wege zu suchen, bei denen man sich absolut sicher ist, dass sie funktionieren. Jeder hat seine eigenen speziellen Tricks, um Stress loszuwerden und auf genau die sollte man dann zurückgreifen. Das kann, wie bereits gesagt, Musik oder Essen sein, aber auch andere Dinge, wie ein schöner warmer Tee, Kekse backen, Nägel lackieren, baden ect. Stellt euch vielleicht eine Liste mit Stressabbaumethoden zusammen, die ihr in entsprecheneden Situationen hervorholt. So dürftet ihr dann immer eine passende Methode bereit haben.

3. Skin Picking als Beruhigung
Dieser Punkt ähnelt im Großen und Ganzen dem Punkt 2, ist allerdings von anderen Gefühlen geprägt. Das Drücken an der Haut zur Beruhigung kommt dann zum Einsatz, wenn es einem schlecht geht. Dazu können folgende Gefühle zählen: Einsamkeit, Traurigkeit, Wut, Aufgewühltsein, innere Leere, Sehnsucht, Heimweh, Enttäuschung und vieles mehr. Ich denke, ihr versteht da, was ich meine. Es ist völlig egal, welches Gefühl einen gerade im Griff hat, man möchte sich nur ablenken und beruhigen. Man möchte diesem Gefühl entfliehen und für eine gewisse Zeit in einer anderen Welt schweben. Wenn man sich dann fragt, wie man das am besten schafft, wird eine der ersten Ideen sehr wahrscheinlich das Skin Picking sein. Andererseits kann es auch sein, dass man gar nicht nachdenkt, sondern die Hände von ganz allein an die betroffenen Stellen wandern oder die Füße einen automatisch zum Spiegel führen. Das klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber so fühlt es sich wirklich an! Voller Vorfreude beginnt man mit dem Drücken und empfindet sofortige Beruhigung und Befriedigung... Das ist ziemlich kontrovers, denkt ihr euch vielleicht. Schließlich löst das Skin Picking letzendlich Unmengen an negativen Gefühlen aus, schafft es aber dennoch, einen perfekt zur Ruhe zu bringen. Ich persönlich finde es fatal, dass man sich dieser Beruhigung und damit der scheinbar schönen Seite des Skin Pickings jederzeit bedienen kann. Eigentlich ist es falsch.

An dieser Stelle kann ich euch nur die gleichen Tipps geben, wie bei Punkt 1 und 2. Sucht und findet Alternativen, euch zu beruhigen. Zur Not sprecht lieber mit engen Freunden, der Familie oder dem Partner über eure Gefühle. Schreibt Tagebuch, hört dabei laute Musik und ja, ihr könnt auch mal weinen. Meistens geht es einem besser, wenn man den Gefühlen freien Lauf lässt und sie nicht mit Skin Picking "erstickt"!

4. Skin Picking als Bestrafung
Zuerst möchte ich sagen, dass diese Seite bei mir nicht mehr aktuell ist und (so gut wie) nie vorkommt. Es geht um das - für mich persönlich - schlimmste Gesicht der Dermatillomanie. Skin Picking als Bestrafung ist eine Art des selbstverletzenden Verhaltens und hat viel mit Komplexen, Selbsthass und dem Teufelskreis zu tun. Als ich meine mehrjährige Tiefphase hatte, habe ich hauptsächlich aus dem Grund gedrückt. Ich wollte mich mit Skin Picking für Skin Picking bestrafen, kann man kurz und knackig sagen. Genauer gesagt habe ich mich für das gehasst, was ich mit mir machte; dass ich mich so verunstaltete. Ich suchte die Schuld stets bei mir selbst und konnte mein Aussehen einfach nicht akzeptieren, ich war in meinen Augen bloß ein Monster. Und weil ich eh so schlimm aussah, habe ich mir gedacht, dass ich es sowieso nicht noch schlimmer machen kann und habe noch mehr gedrückt. Hauptsache, ich konnte mich in einer schrecklichen Art und Weise für meine eigenen Fehler und Schwächen bestrafen. Natürlich war das ein Teil eines riesigen Teufelskreises, aus dem man dann nicht mehr rauskommt. Man hat keine Selbstachtung und kann sich nicht verzeihen, dass man auch mal schwach ist. Es gibt (scheinbar) kein Licht am Ende des Tunnels, man fixiert sich nur auf die schrecklich aussehende Haut und die Probleme, die das mit sich bringt. In keinem Moment kommt man auf die Idee, dass man sich diesen Problemen stellen muss - man hat auch keine Kraft dafür. Viel lieber versucht man, vor sich selbst und den Problemen wegzulaufen, das ist sowieso einfacher.
Bei dieser Seite kann das Skin Picking wirklich schlimme Folgen für die Haut haben, da man meistens doller und länger drückt (/kratzt/pult/ect.) und man von Gleichgültigkeit demgegenüber beeinflusst ist. Es gibt keine motivierenden Gedanken, die einen eventuell dazu bringen, sich sorgsam um seine Haut zu kümmern.

Tipps gegen diese Art der Dermatillomanie zu geben, ist fast unmöglich. Man sollte weder anderen Bestrafungsalternativen nachgehen, noch sollte man den Frust in sich hineinfressen. Da ich selbst einen langen, harten Weg mit dieser Seite hinter mir habe, weiß ich, dass nur eine Änderung in sich selbst hilft. Jetzt, wo es mir insgesamt besser geht, ich zufriedener mit mir bin und mir Fehler verzeihen kann, kommt es nicht mehr vor, dass ich mich mit Drücken bestrafe. Also tut euch selbst den Gefallen und sucht euch Hilfe, wenn ihr große und schwere Probleme mit euch selbst habt. Gebt euch einen Ruck und fangt klein an: Sprecht mit Angehörigen. Werdet erstmal eure Gedanken, Sorgen und Gefühle los. Irgendwann werdet ihr hoffentlich verstehen, dass ihr kein Monster seid, weil ihr an eurer Haut drückt/kratzt! Irgendwann werdet ihr einsehen, dass man sich Fehler verzeihen und gut zu sich selbst sein muss, um aus dem Teufelskreis herauszukommen. Alles in allem ist diese Thematik sehr kompliziert, weshalb ich es mal dabei belasse.

5. Skin Picking als Ritual
Hierbei kommen wir an einen Punkt, wo die Gewohnheit und der Alltag eine große Rolle spielen. Skin Picking als Ritual hat viel mit dem persönlichen Verhalten zu tun und ist daher individuell verschieden. Die einen Skin Picker bearbeiten ihre Haut morgens nach dem Aufstehen, die Anderen abends nach dem Abschminken oder auch nachts, wenn man ungestört ist. Es ist zu einer Art "Normalität" geworden, sich zu gewissen Zeiten seiner Haut zu widmen und es ist sozusagen eine Zuflucht, die jeden Tag gesichert ist. Es ist eine Zuflucht, die einen für den Moment von den Schattenseiten des Alltags entfliehen lässt und man möchte sie eigentlich nicht missen. Bei mir ist es z.B. so, dass ich in der Schulzeit morgens aufstehe, ins Bad gehe, das Licht am Alibert anmache und erstmal meine Pickel, die sich über die Nacht gebildet bzw. verschlimmert haben, ausdrücke. Ich checke jedes Mal erneut die gleichen Stellen ab, wie ein Scanner. Doch dabei verliere ich meistens die Kontrolle, so dass ich auch Stellen bearbeite, wo eigentlich nichts ist. Es ist für mich ein Ritual, meinen Körper nach Pickeln und Unreinheiten abzusuchen, sobald ich Zeit dafür habe oder die Körperstellen freigelegt sind (z.B. beim Duschen). Rituale sollten eigentlich etwas Gutes sein, doch Skin Picking ist definitiv nichts Gutes...

Wie kann man diese Rituale aus seinem Alltag streichen? Eigentlich ist es recht einfach, nur die Umsetzung ist ungewohnt und daher etwas schwieriger. Rituale entstehen aus immer gleich ablaufenden Verhaltensketten und diese muss man unterbrechen, um das Ritual loszuwerden. Man muss etwas anders machen. Bei meinem Beispiel müsste ich morgens vielleicht das Licht am Alibert auslassen oder statt zu drücken, das Gesicht länger und ausgiebiger mit Wasser waschen und abtrocknen. Normalerweise drücke ich auch immer nach dem Abschminken, dafür könnte man dann beispielsweise in ein anderes Zimmer (ohne Spiegel) gehen. Es gibt viele Möglichkeiten und ihr müsst da selbst schauen, wie ihr eure eigenen Verhaltensketten verändern/unterbrechen könnt.


Das war's auch schon und ich hoffe, ich konnte ein bisschen näher aufklären und hilfreiche Tipps geben. Wenn ihr als betroffene Person selbst noch eine sechste oder siebte Seite des Skin Pickings bei euch erkennt, dann würde ich mich freuen, wenn ihr mir die mithilfe eines kleinen Kommentares mitteilen würdet! Bis bald, Jacqueline. :)

2. November 2014

Skin Picking? Derma-was?

Der erste Post soll eine Information dazu darstellen, was Skin Picking bzw. Dermatillomanie überhaupt ist. Natürlich könntet ihr an dieser Stelle einfach mal googlen, aber das ist zu viel Aufwand, hab ich recht? ;) Deshalb kommt hier nun eine von mir erstellte Erklärung.

Das deutsche Wort Dermatillomanie kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus drei Teilen zusammen: Derma (Haut), tillein (rupfen/zupfen) und Mania (Wahnsinn, Begeisterung). Das Ganze ist also eine Verhaltensstörung, wie ich es bezeichne, bei der man einen starken Drang dazu verspürt, an seiner Haut zu drücken/zu kratzen/o.Ä.. Laut Wikipedia ist es eine Impulskontrollstörung und im DSM 5 (einem amerikanischen Klassifikationssystem in der Psychiatrie) ist es als psychische Störung anerkannt.

Nun denkt ihr euch vielleicht, dass das ja eigentlich recht normal klingt und dass es sicher viele Leute tun. Aber es gibt da einen großen Unterschied. Menschen, die nicht an dieser Störung leiden, machen das gelegentlich mal und können jederzeit damit aufhören. Menschen mit dieser Störung bearbeiten ihre Haut mit Fingern oder auch mit Hilfsmitteln wie Pinzetten, Nadeln oder ähnlichen Gegenständen mehr als nur wenige Sekunden lang. Sie können damit mehrere Stunden täglich verbringen und merken nicht, wie die Zeit vergeht, da sie sich wie in Trance fühlen. Jegliche Warnungen oder das Wissen um Konsequenzen werden ausgeblendet. Betroffene fühlen sich währenddessen gut und auf eine Art und Weise befriedigt, doch wenn sie endlich aufhören, treten an diese Stelle negative Gefühle wie Scham, Hass und Reue. Was auch noch dazu kommt: Diese Menschen können unter normalen Umständen dem Drang, dieser "Beschäftigung" nachzugehen, nicht widerstehen!

Was sind die Folgen? Da die gleichen Hautstellen wieder und wieder aufgepult/aufgekratzt werden, können sie nicht verheilen und so entstehen Narben. Das muss nicht nur im Gesicht sein, auch andere Körperregionen wie der Hals, die Schultern, die Oberarme, der Rücken, das Dekolleté oder Beine können betroffen sein. Durch Narben an diesen Stellen entstehen bei Betroffenen Scham- und Schuldgefühle und eventuell sogar Selbsthass. Manche brechen ihre sozialen Kontakte ab, verschanzen sich in ihren Zimmern und vermeiden jegliche Aktionen, bei denen man diese Hautstellen sehen könnte - bspw. Schwimmen, Sauna usw..

Zu weiteren Informationen oder bei Interesse kann ich neben Wikipedia diese Seite wunderbar empfehlen:
http://www.skin-picking.de/