Hey hey!
Vielleicht wisst ihr, dass die Selbsthilfegruppe Köln zur Corona-Zeit Online-Treffen anbietet, darüber habe ich auch schon berichtet (
hier nachzulesen). Wenn ihr darüber auf dem Laufenden gehalten werden wollt, dann sind diese beiden Seiten empfehlenswert:
Meine Erfahrungen mit Selbsthilfegruppetreffen beschränken sich auf die beiden Besuche bei der Gruppe in Köln - einmal für den TV-Beitrag 2015 und einmal "ganz normal", wo der TV-Beitrag aber auch eine Rolle spielte - und meinen leider nur einmaligen Besuch bei der äußerst angefragten Gruppe in Berlin. Auch hier habe ich Beiträge für euch verfasst, für den Besuch in Köln einmal
hier entlang und für den Besuch in Berlin nehmt
diesen Link.
Seitdem die Möglichkeit besteht, online an den Treffen der SHG Köln teilzunehmen, habe ich immer mal wieder darüber nachgedacht, das zu machen. Schließlich gibt es keine Entfernung mehr, die mich davon abhält. Irgendwie kam es aber doch nie dazu, ich habe der Idee wohl keine große Wichtigkeit beigemessen. Leider!
Diesen Montag, am 07.12, habe ich mich spontan dafür entschieden. Ausschlaggebend dürfte gewesen sein, dass mir die Leiterin der Gruppe, Ingrid Bäumer, wegen des Videos bei AufKlo eine Mail geschrieben hat. Und ich muss sagen: Es war eine gute Entscheidung, am Online-Treffen teilgenommen zu haben! Nun möchte ich euch davon berichten und das mit dem Ziel, euch dafür zu motivieren, einem Besuch bei der Selbsthilfegruppe eine Chance zu geben. Gerade dann, wenn ihr einfach nur unsicher seid und einen kleinen Stupser braucht. Denn wenn ihr erfahren wollt, ob diese Art der Selbsthilfe etwas für euch ist, müsst ihr es austesten und das geht nie einfacher als jetzt.
Für die Darstellung nutze ich wieder die Fragen, die ich bei den anderen beiden Posts, welche oben verlinkt sind, auch genutzt habe.
Wie laufen die Treffen der Gruppe in etwa ab?
Tja, das ist natürlich unter dem Einfluss von Corona etwas anders als sonst. Statt in einem physischen Raum zusammenzukommen, "trifft" man sich für zwei Stunden virtuell über die Plattform jitsi. Dafür solltet ihr anständiges Internet sowie ein Mikrofon besitzen, bei Bedarf auch eine Webcam, aber das ist keine Voraussetzung.
Ansonsten vielleicht ganz generell erstmal. Es waren erst 11 Personen mit mir und Ingrid anwesend, später dann 14. Vereinzelt waren die Teilnehmenden ohne Kamera zugeschaltet, es gab einen Mann und von den Altersklassen her war vieles vertreten: Vom jungen Erwachsenenalter bis hin zum mittleren und auch höheren Alter. Ganz durchmischt also, super spannend!
Zum Ablauf möchte ich dieses Mal gerne etwas mehr schreiben, damit ihr wirklich so gut es geht einen Eindruck erhalten könnt. Zu Beginn gab es eine herzliche Begrüßung durch Ingrid, die die Moderation der Treffen übernimmt. Darauf folgte eine kurze Vorstellungsrunde: Wer sind wir? Wie geht es uns im Moment? Was beschäftigt uns gerade? Was erwarten wir uns von heute? Wie lange leiden wir schon am Skin Picking, wie lange wissen wir vielleicht schon davon? Das waren so die prägenden Fragen für die Vorstellung, aber man musste natürlich nicht alles beantworten, einfach nur das, wozu man etwas sagen wollte. Auf die Vorstellung folgte ein kurzer Nachrichtenblock, in welchem Ingrid Neuigkeiten vorstellte. Ganz kurz ging es dann auch über mich, meine Öffentlichkeitsarbeit und das Video bei AufKlo. Zu diesem Zeitpunkt war dann bereits eine halbe Stunde um. Ab dann wurde sich dem Hauptthema des Abends gewidmet, nämlich Stärken und Ressourcen: Was können wir gut? Haben wir schon einmal über unsere Stärken nachgedacht und zwar losgelöst von Bewerbungsgesprächen, Jobs usw.? Hängen unsere Stärken vielleicht von Situationen/Kontexten/Stimmungen ab? Was für Tipps haben wir, unsere Stärken zu erkennen? Ist es subjektiv bzw. können Stärken auch Schwächen werden? Wie ist der Einfluss von Anderen? Was hat das auch mit dem Skin Picking zu tun? All diese Fragen und Aspekte bestimmten unsere Unterhaltung, die sich übrigens von ganz alleine in die verschiedenen Richtungen entwickelte, d.h. die meisten der genannten Fragen waren nicht vorgegeben. So kam es auch, dass die Diskussion bald in Richtung "Diagnose" verlief: Wie fühlt es sich an, von der Diagnose bzw. dem Namen zu wissen? Sich zu einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen? Inwieweit identifiziert man sich mit der Krankheit? Wo oder wann muss man vorsichtig damit sein, dass man sich der Diagnose nicht völlig ausliefert und sich auf ihr ausruht? Inwiefern kann die Diagnose als Kontaktknüpfhilfe, als Gesprächseinstieg oder auch ein Band von Verbindung und Vertrauen genutzt werden? Wir bemühten uns aber auch, den Rückbezug zum Thema des Abends herzustellen. Dazu haben wir festgestellt, dass Skinpicker oft ganz gute "Schauspieler" sind, die es schaffen, die Krankheit bis zu einem gewissen Grad zu verstecken und dafür andere Stärken mehr hervorzuheben. Zum Schluss kam noch kurz die Frage, ob man es alleine schaffen kann, die Dermatillomanie zu überwinden? Dazu hat Ingrid dann etwas gesagt und auf das Online-Selbsthilfeprogramm namens "Knibbelstopp" verwiesen, welches ihr
unter diesem Link finden könnt. Damit waren die zwei Stunden dann auch fast durch, wir haben noch eine Abschlussrunde durchgeführt und uns dann verabschiedet.
Wie erging es mir währenddessen? Wie war die Stimmung/Atmosphäre?
Mir erging es wunderbar. Es war auch ein wenig aufregend, das will ich nicht leugnen, aber die Aufregung war von der schönen Sorte. Schließlich weiß man genau, da sitzen lauter Leute, die ganz genau wissen, worunter man leidet. Generell war die Atmosphäre von Empathie, Wertschätzung und Mitgefühl geprägt. Es wurde viel nach unseren Gefühlen gefragt und es ging um ehrlichen Austausch unter Gleichgesinnten. Alles war ganz zwanglos, niemand musste sprechen, im Gegenteil. Die, die sprechen wollten, durften dies tun und die restlichen Teilnehmer haben zugehört. Trotz Ingrids Moderation war genügend Freiraum für unsere Beteiligung und es wurde auch stets aufeinander eingegangen und manchmal auch diskutiert.
Hat mir das Treffen etwas gebracht? Wenn ja, was hat mir besonders geholfen?
Hier wird die Antwort nicht neu sein: Es ist das Verständnis der Anderen, welches besonders wertvoll ist. Für mich ist es schön, andere Perspektiven auf meine Krankheit zu erhalten und mich auszutauschen. Man fühlt sich weniger alleine und bekommt hier und da bestimmt auch neue Denkanstöße oder Tipps.
Ist ein Besuch bei der Selbsthilfegruppe empfehlenswert? Möchte ich wiederkommen?
Ich werde nie müde, Selbsthilfegruppen zu empfehlen! Mir ist bewusst, dass dieses Format nicht für jeden das Richtige ist, aber ein Ausprobieren ist es doch wert. Wie bereits geschrieben, wird es nie wieder so leicht sein wie jetzt, an einem Treffen teilzunehmen. Und wenn man danach sagt, dass das eher nicht so dolle war, erscheint man eben nicht wieder, das ist absolut in Ordnung. Niemand dort erwartet irgendetwas von euch, ihr seid völlig selbstbestimmt. Ich für meinen Teil möchte gerne wieder an einem Treffen teilnehmen, denn für mich war die räumliche Entfernung immer das größte Hindernis. Dennoch muss ich für mich schauen, wie ich das zeitlich einrichten kann. Es wird mir sicher nicht bei jedem Treffen möglich sein, zu erscheinen, aber ich möchte es probieren. Nach dem Treffen fühlte ich mich besser und auch, wenn ich nicht genau benennen konnte, wieso, möchte ich dieses Gefühl wieder haben. Ich hatte ganz "vergessen", wie gut das tut!
Vielleicht sehen wir uns ja mal bei einem Online-Treffen der SHG Köln! Ihr seid dort immer herzlich willkommen, nicht nur von meiner Seite aus!