19. Januar 2024

Rückfälle

Guten Abend!
 
Ich muss mir wohl eingestehen, dass jeglicher Optimismus und jegliche Zuversicht nichts bringen, wenn die eigene Haut förmlich schreit. Ich habe dieses mittelmäßige Niveau lange halten können und dachte auch, ich würde von da aus wieder Schwung kriegen und in eine neue Hochphase gelangen. Aber das hat nicht so funktioniert wie gedacht. Stattdessen bin ich wohl in einer Art Tiefphase oder Rückfall - es ging weiter bergab und jetzt darf ich erst einmal die Talfahrt genießen. Von hier aus ist es immer so verdammt schwer, wieder hochzukommen! Schließlich hat einen der Teufelskreis so fest im Griff, die Haut ist überall entzündet und das KANN ich einfach nicht in Ruhe lassen! Kennt ihr wahrscheinlich auch. Vorgestern Abend hatte ich eine recht heftige Session vor dem Spiegel, nachdem ich von der Arbeit heim gekommen war und mich abgeschminkt hatte. Die morgendliche und abendliche Badroutine sind Risikosituationen für mich. So sah das dann kurz nach dieser Attacke aus:
 


 
Und so sah ein Rückfall im letzten Oktober aus, wie eine Art Déjà-vu:




Wahrscheinlich lässt sich gar nicht mehr zählen, wie viele Rückfälle dieser Art ich schon hatte... Das müssen hunderte, wenn nicht sogar tausende gewesen sein. Kein Wunder, wenn nach 14 Jahren Betroffenheit immer mal wieder Phasen kommen, in denen einem alles zum Hals raushängt. Ständig wiederholt sich der Zyklus der Haut, ständig wiederholt sich der Zyklus des Skin Pickings. Die Achterbahnfahrt endet einfach nicht... Immer wieder fängt man von vorne an, immer wieder werden hart erarbeitete Erfolge binnen weniger Augenblicke zerstört. Tatsächlich frage ich mich sogar manchmal, ob es EUCH nicht irgendwann zu blöd mit meinen Beiträgen wird? Ich habe zwar das Gefühl (und bekomme auch oft entsprechende Rückmeldungen auf Instagram z.B.), dass gerade die ehrlichen Berichte über Rückfälle oder schlechte Phasen von anderen Betroffenen geschätzt werden, aber helfen diese Inhalte auch nach dem hundersten Mal noch? Ändert es etwas an meiner Glaubwürdigkeit? Lässt es mich in einem schlechten Licht dastehen? Werden meine Berichte langweilig und vorhersehbar? Ab und zu kommen mir diese und ähnliche Fragen in den Kopf. Und dann denke ich mir, dass es zwar mehr als schön ist, wenn meine Inhalte anderen Betroffenen helfen, dass das aber zweitrangig ist, wenn ich bedenke, dass es MIR hilft, das zu zeigen. Ich verarbeite Skin Picking immer noch zum Teil auf diese Weise. Bilder werden aus Überzeugung geteilt, weil ich Sichtbarkeit schaffen möchte. Für mich, für die junge Jacqueline, für euch, für alle unwissenden Betroffenen da draußen.

Ich möchte übrigens nicht behaupten, dass beim 1001. Rückfall keine neuen Erkenntnisse aufkommen können. Im Gegenteil glaube ich, dass man ein Leben lang lernen wird, was das angeht. Achja und wenn wir uns an meine Ziele für 2024 erinnern, ist jeder Rückfall eine perfekte Gelegenheit, mich in Vergebung mir selbst gegenüber zu üben. Wisst ihr, ich möchte nach wie vor "nur" mein Leben mit Dermatillomanie teilen. Realistisch abgebildet, nicht extra glattgebügelt oder aufgehübscht. Authentizität ist mir wichtig. Und ich stecke einfach noch mittendrin, das kann ich nicht mal eben ändern, nicht mal, wenn ich wollte. Wenn es soweit ist und ich wesentliche Schritte auf dem Heilungsweg gehe, nehme ich euch auch dort mit. Aber vorerst befinde ich mich noch im Dschungel des Skin Pickings, bin eine Beobachterin und Forscherin meines Verhaltens und eine Entdeckerin meines Weges.

12 Kommentare:

  1. Hey, fühl dich gedrückt.
    Ich habe schon seit 20 Jahren skin picking und vor paar
    Tagen mal wieder einen heftigen Rückfall gehabt! Ich finde nicht dass deine Beiträge dieser Art nerven, ganz im gegenteil! Ich bin für mich nach diesem Rückfall zum Erkentnis gekommen dass ich wohl nie von skin picking geheilt bin, ich wüsste echt nicht mehr was mir dauerhaft helfen würde. Vielleicht soll ich lernen damit zu leben, anderseits fühlt es sich an als ob man aufgeben würde…Ist eine Heilung denn überhaupt möglich?

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    1. Hi du! Danke dir für deinen Kommentar und dein Feedback, das hilft mir sehr. :)

      Mh, ich denke, da darf jeder Betroffene seine ganz eigene Meinung zu haben. Das ist eine ziemlich individuelle Sache, finde ich. Und für mich ist der Weg der Heilung wie ein Puzzle. Ich suche nach den verschiedenen Dingen, Erkenntnissen usw., die mir helfen. Ich glaube zwar auch, dass ich immer anfällig sein werde, aber dass Freiheit möglich ist. Akzeptanz halte ich für wichtig, aber das allein wird in meinen Augen nicht reichen. Trotzdem verstehe ich, wenn du das Gefühl hast, es wirkt wie Resignation. Kennst du schon diese Podcastfolge von Christina ( https://open.spotify.com/episode/4pWsH2QFe35oQdj7mDXXV4 )? Hör da gerne mal rein, die fand ich zum Thema ganz spannend.

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    2. Und falls du es noch nicht kennst, kann ich dir auch das in der Folge erwähnte Buch empfehlen. "Frieden mit meiner Haut" von Ingrid Bäumer und Christina Gallinat.

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  2. Danke für die Antwort 🙂 Tief im Inneren hoffe ich eigentlich auch auf eine Freiheit. Ich habe früher an meinen Oberarmen viel rumgedrückt, das mache ich jetzt garnicht mehr, also ist eine Freiheit ja doch möglich. Danke für die Empfehlungen, habe leider kein Spotify aber das Buch habe ich tatsächlich vor längerer Zeit schon gelesen, ich werde es jetzt nochmal durchlesen 🤗👍🏻

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    1. Glücklicherweise ist Spotify nicht notwendig, um Christinas großartigen Podcast BFRB.care hören zu können! Du kannst ihn auch über ihre Internetseite finden, oder über die Plattform Podigee sollte er frei abhörbar sein:
      https://bfrbcare.podigee.io/episodes

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    2. Sehr gerne! Und siehst du, manchmal vergessen wir im Alltag, was wir alles schon erreicht haben! Super, dass du dich daran erinnert hast. :) Und wie schon richtigerweise erwähnte wurde: Du brauchst kein Spotify, um den Podcast zu hören. Ich geh auch immer nur so auf die Seite und höre ohne Account rein. Dann würde ich sagen, hast du noch viel nachzuholen, Christinas Podcast ist unglaublich wertvoll! <3

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  3. Vielen Dank für den Tip, der Podcast ist wirklich toll!

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  4. Hallo Jacqueline! Vielen Dank für deinen Mut, deine Arbeit zum Thema und deine Ehrlichkeit. Ich bin erst über diesen Blog darauf gekommen, dass mein Verhalten einen Namen hat und ich ein Skin Picker bin. Seit Beginn der Pubertät und dann vor allem in stressigen Phasen. Vor ein paar Jahren habe ich aufgehört Foundations und Co. zu nutzen, um mich nicht mehr verstecken zu können. Eine Art Selbsterziehung, die auch zu einer deutlichen Besserung geführt hat. Aber es ist nicht weg. Ich habe eine sehr helle Haut und die Ergebnisse meiner Picking Sessions sieht man sehr lange. Das ärgert mich dann richtig. 1000 mal vorgenommen damit aufzuhören und 1000 mal gescheitert. Während dem letzten Rückfall vor dem Spiegel bin ich dann so wütend auf mich selbst geworden, dass ich entschieden habe, dass jetzt wirklich Schluss damit ist. Ich will das nicht mehr machen, ich will meine Haut nicht weiter verletzen. Das "Aufhören" fühlt sich dieses Mal anders an. Besser. Ich bin gespannt wie es sich die nächsten Wochen entwickelt und anfühlen wird, bisher läuft es gut. Ob es so bleibt? Keine Ahnung! Aber ohne deinen Blog und das ganze Hintergrundwissen, das du vermittelst wäre ich definitiv nicht an diesem Punkt. Also Danke und alles Liebe!

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    1. Hallo du. :) Ich danke dir von Herzen für diesen lieben und ausführlichen Kommentar! Auch für deine Offenheit, hier ein Stückchen deiner Geschichte zu teilen. Ich kenne sehr gut, was du beschreibst. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg, dass es weiterhin so gut klappt. Es freut mich so sehr, dass mein Blog dir hilfreiche Impulse mitgeben konnte, das ist für mich eine der schönsten Rückmeldungen. Dir auch alles Liebe!

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  5. Hallo zusammen!
    Liebe Jaqueline, vielen Dank dass du diese Plattform bietest, dich hier immer wieder mit dem Thema und deinen eigenen Schwierigkeiten befasst und damit viele Menschen ermutigst, sich auch selbst mit ihrem Skin Picking auseinanderzusetzen. Das ist unglaublich wertvoll und senkt die Messlatte, weil man weiß, man ist damit nicht alleine.
    Ich finde aber auch, dass hier zu wenig über die Behandlung mittels Psychotherapie gesprochen wird. Ich glaube es ist für viele extrem schwer die Entscheidung dazu zu treffen, weil man sich schwach fühlt, die eigenen Probleme nicht selbst lösen zu können. Es ist aber alles andere als schwach, sich professionelle Hilfe zu holen, Unterstützung, seinen Sorgen mit allem was dazu gehört einmal die Woche Raum zu verschaffen, und sich letztlich mit seinem Problemverhalten auseinanderzusetzen. Klar, man wartet lange auf einen Therapieplatz. Aber am Ende lohnt es sich doch, es getan zu haben, weil man dort dann Hilfe erhält.
    Niemand von uns braucht sich Schämen für Skin Picking, das ist eine Message die hier so stark und ausdauernd von Jaqueline an uns alle herangebracht wird. Ein Rückfall gehört dazu, vielleicht auch viele Rückfälle. Am Ende wird sich aber an Skin Picking nur etwas ändern, wenn man die Funktionsweise des Verhaltens versteht, weshalb es schon so lange erfolgreich bei einem ist, man muss sich eben der Verantwortung stellen das Thema einmal voll anzugehen.
    Bleibt optimistisch und voller Selbstfürsorge!

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    1. Hi du. :) Erstmal möchte ich mich dafür bedanken, dass du dir die Zeit für einen derart ausführlichen Kommentar genommen hast! Ein weiteres großes Danke für die lieben Worte zu Beginn, das freut mich sehr zu hören.

      Ich verstehe deinen Einwand und finde die Thematik auch relevant, aber ich kann dir dazu eine recht simple Rückmeldung geben: Das hier ist ein persönlicher Blog, auf dem MEINE Krankheitsgeschichte geteilt wird. Ich versuche seit jeher, auch immer wieder Tipps zu sammeln und einige weitere Aspekte einfließen zu lassen (Kreativität, aktuelle Forschung, BFRBs in den Medien etc.). Dadurch möchte ich eine nette Abwechslung schaffen und nicht nur durch meine individuelle Geschichte dazu beitragen, über das Thema aufzuklären. Trotzdem bleibt der Fokus auf mir und meinem Skin Picking, ich bin nunmal nur Betroffene und diese Seite ist keine reine Info-Seite, wie es z.B. die Webseite von Christina Gallinat ist. Ich habe bisher keinerlei Therapieerfahrung gemacht, deswegen kann ich nicht aus eigener Erfahrung berichten. Und auf der Sachebene kann das jemand wie Christina einfach besser - weil ich weiß, dass es ihren Content gibt, verweise ich bei solchen Themen gerne auf ihre Arbeit. Dort bekommt man auch die Message mit, die du hier so treffend rüberbringst und für die ich ebenso einstehe: Es ist ein Zeichen von Stärke und Mut, sich therapeutische Hilfe zu holen.

      Das ist richtig, wir brauchen uns dafür nicht schämen. Und auch bei dem Punkt mit der Verantwortung möchte ich dir nochmal ausdrücklich zustimmen. Danke für den Input!

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Ich hoffe, euch hat dieser Post gefallen! Ihr wollt einen Kommentar hinterlassen, mir Lob, Anregungen, Tipps oder auch Kritik geben? Dann macht das, ich freue mich jederzeit über Rückmeldungen und werde antworten. :) Ihr wollt mich weiterführend per E-Mail anschreiben? Ich bin unter folgender E-Mail für euch erreichbar: dermatillomanie-blog@web.de

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