30. Dezember 2022

2022 vs. 2021

Das Jahr 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 in 24 Bildern. Let's go!
 
2021

2022
 
Ich habe die Collage von 2021 gar nicht hier auf meinem Blog gezeigt, weil ich das Gefühl hatte, es sei nur was für Instagram. Aber vielleicht habe ich mich damit geirrt. Heute können wir dafür eine kleine Gegenüberstellung starten: Für beide Collagen habe ich (wenn möglich) jeweils ein bezeichnendes Foto pro Monat herausgesucht. In manchen Monaten war das einfacher, in anderen Monaten gab es viele potenziell passende Aufnahmen. Jedenfalls finde ich es super interessant, dass in beiden Jahren der Sommer zu den Jahreszeiten gezählt hat, wo meine Haut (tendenziell) besser gewesen ist. Klar, das Auf und Ab begleitet mich das ganze Jahr über, aber es ist dennoch eine gute Tendenz erkennbar. Das könnte Zufall sein, aber ich bin mir da gar nicht mal so sicher... Spannend finde ich auch, wie ich diese Momentaufnahmen ansehe und bei jeder Einzelnen genau weiß, was es für eine Situation war, was so in meinem Leben abging, wie ich mich gefühlt habe etc. Es fühlt sich gleichzeitig so nah und doch so fern an. Insbesondere die Collage für 2021 liegt vom Gefühl her genauso nah dran/weit weg wie 2022. Seit Corona hat sich mein Zeitempfinden nochmal ziemlich verändert - die Tage, Wochen und Monate ziehen förmlich in Lichtgeschwindigkeit an mir vorbei. Und das, obwohl sich der Punkt, an dem ich im Leben stehe, anfühlt wie Treibsand, in dem ich seit rund zwei Jahren feststecke... Mh.

Diese Collagen sind in erster Linie ein kleiner Spaß - schließlich können sie nicht annähernd abbilden, was 365 Tage äußerlich wie innerlich los war. Es sind nur winzige Ausschnitte aus zwei Jahren Lebenszeit sowie aus zwei weiteren Jahren mit Skin Picking. Ich bin gespannt, wie 2023 so wird. Ich glaube, es warten einige unerwartete Wendungen sowie viele (unschöne) Veränderungen auf mich.

Euch wünsche ich einen guten Rutsch und das allerbeste 2023! :)

PS: Das war jetzt kein klassischer Jahresrückblick, das habt ihr sicher gemerkt. Solch ein Rückblick wäre wohl doppelt gemoppelt, da ich ja bereits Anfang November das zurückliegende Blogjahr zusammengefasst habe. Falls ihr daran Interesse habt, dann klickt mal hier.

24. Dezember 2022

Merry Christmas 2022

Ihr Lieben!
 
Ich wünsche euch ganz frohe Weihnachten, entspannte Feiertage und schöne Momente mit euren Lieben oder ganz viel Selfcare-Time mit euch selbst - je nach dem, wie euer Weihnachten dieses Jahr aussieht. Hauptsache, eure Akkus werden mehr ge- als entladen.
 
Das zweite Jahr in Folge bin ich nun alleine an Weihnachten und denke seither umso mehr an Menschen, denen es ähnlich geht. Ganz egal, aus welchen Gründen ihr vielleicht ein anderes oder gar kein Weihnachten feiert: Ich bin in Gedanken bei euch und drücke euch ganz fest! Diese Zeit des Jahres ist nicht für alle Menschen schön, besinnlich oder bedeutsam. Ihr selbst entscheidet, ob und wie viel Wert ihr Weihnachten gebt. Und auch, wenn ihr recht "klassisch" Weihnachten feiert, weiß ich, dass es dennoch Schwierigkeiten geben kann, die für viel Stress sorgen. Gebt also gut auf euch Acht! Versucht, euch zu verzeihen, wenn es skinpickingtechnisch herausfordernd wird. Es wird vorüber gehen, da bin ich mir sicher!

Und falls ihr, ähnlich wie ich, keinen Weihnachtsbaum in eurer Wohnung stehen habt... Dann seid ihr hier genau richtig, ich habe eine Ladung für uns alle!




20. Dezember 2022

Flowerpower

Heute folgt der letzte Foto-Spam von Bildern aus dem Fotoworkshop für dieses Jahr, versprochen! Das heißt aber nicht, dass da nicht noch einige meiner Favoriten auf euch warten. Ich freue mich ehrlich so, diese Aufnahmen mit euch zu teilen. Sie sind für mich extrem wertvolle Erinnerungen an ein sehr außergewöhnlich schönes Event. Ich glaube, ich werde sie mein Leben lang gerne anschauen. <3
 
Hier findet ihr weitere Bilder aus dem Fotoworkshop:
 
Fotografin: Marie Rheinländer

Fotografin: Marie Rheinländer

Fotografin: Marie Rheinländer

Fotografin: Marie Rheinländer

Sidenote: Zur Zeit der Aufnahmen innerhalb des Fotoworkshops war meine Haut in einem äußerst guten Zustand und zusätzlich geschminkt, sodass wenig Anzeichen vom Skin Picking auf den ersten Blick erkennbar sind. Das bedeutet aber nicht, dass ich zu diesem Zeitpunkt weniger betroffen war als sonst oder dass die Bilder für mich keine Bedeutung haben.

17. Dezember 2022

Leistungsdruck und Perfektionismus

Jetzt habt ihr ein kleines Weilchen nichts mehr von mir gehört, nachdem die letzten Wochen recht kontinuierlich Beiträge erschienen sind und es teilweise auch sehr viel zu erzählen gab. Aber aktuell ist wieder viel Anderes in meinem Leben los und ja, ich habe natürlich irgendwie auch den "Anspruch", euch was zusammenzutippen, was Mehrwert hat. Deshalb passt das heutige Thema ganz gut dazu. Auch, wenn ich ein leises Gefühl verspüre, das mir sagt, heute sei vielleicht nicht der beste Tag dafür, weil ich nicht die treffendsten Worte finden werde. Aber das ist egal. Irgendwelche Worte sind wohl besser als keine. Es muss nicht vollkommen sein.
 
Leistungsdruck und Perfektionismus - gemeinsam mit Skin Picking (oder alternativ auch anderen psychischen Erkrankungen) keine gute Mischung. Ich bin seit ich denken kann perfektionistisch, zum Teil sogar etwas zwanghaft penibel. Das gilt nicht ausschließlich, aber insbesondere für Dinge, die ich kreiere. Also alles, was irgendwie mehr oder weniger mit Leistung zu tun hat. Ich habe viele sehr stark verinnerlichte Glaubenssätze, Denk- und Verhaltensmuster, die meine Leistung und meinen Wert miteinander verknüpfen. Und wisst ihr, eine der ungelösten Fragen für mich ist nach wie vor: Woher kommt dieses Leistungsdenken? Woher kommt der Druck, den ich mir mache? Ich komme aus keinem Elternhaus, wo mir je Druck gemacht wurde, im Gegenteil. Ich habe mir jeglichen Druck stets selbst gemacht und war mir selbst nie gut genug. Es musste immer "sehr gut" (möglichst nah an "perfekt" eben) sein, sonst war ich selten zufrieden. Und auch, wenn ich anderen Menschen in meinem Umfeld mit voller Überzeugung sagen kann, dass sie IMMER wertvoll und liebenswürdig sind, ganz egal, wie viel sie leisten.... für mich selbst gilt das nie. Ich bin ein Nichtsnutz, wenn ich nichts schaffe. Ich habe versagt, wenn eine Leistung unzureichend/verspätet ist. Ich muss wie der letzte Idiot wirken, wenn etwas mal nur "ganz okay" geworden ist. Jeder muss doch merken, wenn ich mal keine sehr gute Leistung erbringe und sich fragen, was mit mir nicht stimmt. Wenn ich nichts leiste, bin ich nichts wert und habe keine Berechtigung, hier zu sein oder gar das Leben zu genießen. Zurück zur Frage, woher das Ganze kommt - kann es nur von unserer Leistungsgesellschaft beeinflusst sein? Obwohl ich vielen äußeren Einflüssen eigentlich gar nicht oder sehr spät bzw. wenig ausgesetzt war? Mh, ich werde jetzt auf keine Lösung kommen, das ist klar. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, wie sehr es mir ein Rätsel ist, wie ich so unglaublich stark zu dem Glauben kommen konnte, dass ich ohne (gute) Leistung keinen Wert habe oder bringe.

Skin Picking und Perfektionismus (und auch hoher Leistungsdruck) gehen gerne und oft Hand in Hand, ist mein Eindruck. Nicht nur bei mir, auch bei vielen anderen Betroffenen. Auch unsere Haut soll möglichst perfekt sein. Keine Erhebung, keine kratzige Kruste, keine Unebenheit, keine Pickel, keine Rötungen, keine Mitesser, etc. Am liebsten eine komplett glatte, reine und gesund glänzende Oberfläche mit winzigen Poren und weichem Hautgefühl. Hach, wie schön muss das sein - alles so ganz ohne Trigger. Aber Moment, ist das überhaupt möglich? Und woher kommt dieser Wunsch nun schon wieder? Und was hat dieser bescheuerte Leistungsdruck damit zu tun? Wieso sind wir so sehr danach bestrebt, immer und überall (gute) Leistungen zu erbringen? Weil wir uns selbst ja nie gut genug sind (was wir uns mit unserem SP-Verhalten zeigen)? Übrigens... jetzt, wo ich so oft von Leistungsdruck geschrieben habe... Kann es eventuell sein, dass dieser ganze Druck, den wir uns machen, dazu beiträgt, dass wir innerlich unruhig sind und irgendein Verhalten brauchen, um den Druck mal zu entladen? Wäre nur ne Theorie, jeder Betroffene erlebt seine BFRB-Erkrankung ja anders.

Aber auch unser Empfinden des eigenen Aussehens kann vom Perfektionismus und Leistungsdruck berührt werden. Mit all unseren Spuren auf der Haut sind wir jedenfalls alles andere als perfekt, oder? Wenn jemand unsere roten Stellen, Pickel, Wunden und Narben sieht, dann wird er doch sofort wissen, dass wir versagen und nichts hinkriegen? Was muss jemand denken, der uns so ungeschminkt und zugerichtet sieht? Nicht, dass wir noch für unhygienisch gehalten werden oder sowas Dummes. Sind jetzt mal nur extreme Gedanken, wie den ganzen Post schon. Aber hey, aus so einer Richtung kann es wahrscheinlich kommen, wenn sich Betroffene tagein, tagaus für jede Gelegenheit schminken und das Gefühl haben, sie müssten das tun. Weil wir glauben, dass wir ungeschminkt nichts wert sind und dass man es uns ansieht. Wir glauben, wir müssten uns verändern, um uns zeigen zu dürfen. So wie wir ohne Schminke sind, so sind wir nicht richtig und passen nicht in die Gesellschaft. Also versuchen wir, uns richtig zu machen und alles an Leistungen, was wir erbringen, richtig zu machen. Weil wir das Gefühl der Unzulänglichkeit satt haben. Aber Druck, Härte und Strenge sind nicht sonderlich gut für unser Selbstwertgefühl oder eine gesunde Beziehung zu uns selbst. Es fällt uns wahnsinnig schwer, aber wir dürfen liebevoll mit uns sein. Wir dürfen uns Verständnis zeigen. Wir dürfen lernen, dass wir in jedem (äußerlichen, emotionalen und mentalen) Zustand wertvoll und richtig sind. Wir dürfen erkennen, dass wir nicht auf dieser Welt sind, um Leistungen zu erbringen. Wir dürfen verstehen, dass uns all diese ungesunden Glaubenssätze von außen eingepflanzt wurden und dass es möglich ist, sie mit viel Arbeit aufzubrechen und eines Tages loszuwerden. Wir dürfen den Perfektionismus über Bord werfen, denn er ist kein guter Ratgeber. Perfektion ist ein Idealbild, ein unerreichbares Konstrukt. Nichts, was für uns Menschen sinnvoll oder erstrebenswert wäre. Wir können ankommen und zu uns finden, ohne perfekt zu sein. Wir können stark sein, ohne Leistung zu erbringen.

Macht es Sinn, was ich geschrieben habe? Versteht ihr mich und fühlt ihr euch verstanden? Das war jetzt mal ein spontaner Gedankenausbruch. Überhaupt nicht rund, sondern sehr roh und eckig. Aber das schrieb ich ja schon zu Beginn und dort habe ich bereits betont, dass genau das sein darf.

Nachfolgend noch ein paar Bilder, die ganz gut dazu passen könnten:




6. Dezember 2022

Die Waldfee - 2

Ihr Lieben, ich habe euch ein kleines Nikolausgeschenk mitgebracht: Mehr Fotos aus dem Fotoworkshop (nein, wir sind noch LANGE nicht am Ende!), yeaaaay. Ich denke, wir sind inzwischen an einem Punkt, wo ich das Event oft genug erwähnt habe und es nicht mehr jedes Mal erklären muss, oder? :D Zur Not gerne dem obigen Link folgen, da werdet ihr immer zum Beitrag über den Workshop geleitet.

Hier findet ihr weitere Bilder aus der Reihe:

Fotografin: Marie Rheinländer

Fotografin: Marie Rheinländer

Fotografin: Marie Rheinländer  

Sidenote: Zur Zeit der Aufnahmen innerhalb des Fotoworkshops war meine Haut in einem äußerst guten Zustand und zusätzlich geschminkt, sodass wenig Anzeichen vom Skin Picking auf den ersten Blick erkennbar sind. Das bedeutet aber nicht, dass ich zu diesem Zeitpunkt weniger betroffen war als sonst oder dass die Bilder für mich keine Bedeutung haben.

1. Dezember 2022

Ein Gefühl der Dankbarkeit

Einen schönen ersten Dezembertag und -abend wünsche ich euch! Der Weihnachtsmonat hat begonnen, das Jahr 2022 neigt sich langsam dem Ende zu, wie verrückt.
 
Für viele Menschen auf der Welt stehen der Dezember und generell die Weihnachtszeit im Zeichen der Dankbarkeit und Besinnung. Um das ganze Materielle, was irgendwie dazugehört, kommt man nur schwer herum, aber ich meine das gerade eigentlich vielmehr bezogen auf Immaterielles: Liebe, Freundschaft, Familie, kleine Freuden des Alltags, schöne gemeinsame Quality-Time bzw. Aktivitäten und all das. Ihr wisst schon. Aber nicht alle diese Punkte sind für jede Person da draußen mit positiven Gefühlen verbunden und auch wir BFRB-Betroffene haben nicht selten unsere Struggles, wenn es auf Weihnachten zugeht. Auch für mich soll es im heutigen Post nicht um die Dankbarkeit bezogen auf die genannten Punkte gehen. Mir geht es mehr um die Dankbarkeit bezogen auf mein Skin Picking und alles, was mir diese Erkrankung so ermöglicht. Wenn ich euch damit zu den Ohren raushänge, weil ich das nicht zum ersten Mal thematisiere, dann braucht ihr gar nicht weiterlesen. :D Aber mir ist danach und es ist mir wichtig, diese Gedanken und Gefühle auch zu kommunizieren. So halte ich sie für immer fest und kann zu einem späteren Zeitpunkt immer wieder darauf zurückkommen, um mich an etwas zu erinnern, wofür ich aus tiefstem Herzen dankbar bin.

Ja, wo fange ich nur an? In meinem Kopf herrscht ein kleines Wirrwarr... Deshalb ist es wohl keine schlechte Idee, einfach ein paar Bilder in den Raum zu werfen, die ganz eng mit den nachfolgenden Zeilen zu tun haben werden.




Die Kenner unter euch werden ne Ahnung haben, von welchem Anlass diese Aufnahmen stammen: Es geht selbstverständlich um den wundervollen Fotoworkshop (hier gibt's mehr Infos dazu), den ich im August mit der SHG Köln veranstaltet habe. Aufgenommen wurden die Bilder von der lieben Fotografin Marie, die mit mir gemeinsam an dem Projekt beteiligt war - danke auch an dieser Stelle nochmal für diese Fotos! Der Fotoworkshop steht symbolisch ebenso für alle anderen außergewöhnlichen Veranstaltungen, die ich besuchen oder geben konnte und für alle weiteren Chancen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, die ich wahrnehmen durfte.

Bevor ich diesen Erzählstrang jedoch weiterführe, möchte ich die Zeit ein wenig zurückdrehen, so um die 10-13 Jahre zurück. Da war ich noch ein junges Mädchen am Anfang ihrer Pubertät. Skin Picking hat sich so langsam in mein Leben geschlichen - es fing ganz harmlos an, hat sich später dann irgendwie verselbstständigt und letztendlich auch chronifiziert. Um die 3 Jahre war ich betroffen, ohne den Begriff und das Erkrankungsbild zu kennen. Eine verhältnismäßig kurze Zeit im Vergleich zu vielen anderen Betroffenen und dennoch viel zu lang. Ich habe sooo lange und soooo überzeugt geglaubt, dieses komische und absurde Verhalten würde nur mich betreffen und dass ich ja der Fehler sein muss, sonst wäre ich ganz "normal" wie alle Anderen. Ich habe mich unfassbar alleine und einsam gefühlt, mich selbst und das Verhalten nicht verstanden, mir unzählige Fragen gestellt, die immer unbeantwortet blieben. Nirgendwo konnte ich meine Gefühle und Gedanken mal rauslassen und sowieso habe ich vollkommen ausgeschlossen, mich könnte jemals wer ehrlich verstehen. Aber als ich dann mit 15 Jahren zufällig über den Begriff Skin Picking stolperte, hat sich mir eine völlig unbekannte Welt aufgetan. Wie, das ist eine anerkannte psychische Störung? Wie, ich bin damit doch nicht alleine? Wie, es gibt andere Betroffene, die tatsächlich Ähnliches erleben wie ich und die mein Leid teilen? Wie, ich werde verstanden? Es war eigentlich wie ein schwarzes Loch, das mit unendlich viel Wissen und Erfahrungen auf mich wartete. Von dort an begann eine Reise...

Wieder zurück in die Gegenwart zur 25-jährigen Jacqueline. Heute arbeite ich kaum mehr gegen die Erkrankung und dafür vielmehr mit ihr. Ich habe verschiedene Wege gefunden, damit umzugehen und einer dieser Wege wurde der in die Öffentlichkeit und in das aktive Engagement. Ich spreche online sowie offline über Skin Picking, ich gebe Vorträge und Workshops, ich engagiere mich ehrenamtlich in der SHG, ich erhalte die Möglichkeit, ganz viele liebe Seelen kennenzulernen, ich bin im stetigen Austausch mit anderen Betroffenen, führe wertvolle Gespräche mit ihnen, plane ganze Projekte mit anderen Menschen aus der Community, ich darf meine Stimme in (Online-)Artikeln, auf Social Media und im Fernsehen nutzen, ich lerne Jahr für Jahr Neues über das Krankheitsbild und noch so viel mehr. Der Punkt ist: Die Tennie-Jacqueline würde mir nicht glauben, wenn ich ihr das erzählen würde. Sie würde mich für verrückt halten. Und doch habe ich es möglich gemacht. Alles startete so richtig Ende 2014 mit meinem kleinen Blog, von dem ich damals ehrlich niemals gedacht hätte, dass er zu irgendwas Großem führt. In erster Linie habe ich den Blog für mich gestartet und bloß innig gehofft, er würde auch ein paar andere Betroffene erreichen. Für wirklich realistisch habe ich das ehrlicherweise jedoch nicht gehalten. Als dann aber die ersten Steine ins Rollen kamen, habe ich erkannt, welchen Nutzen dieser Blog noch alles haben kann und dass es mehrere Gründe gibt, ihn fortzuführen. Heute ist mein Blog in der Community recht bekannt und das nur, weil ich nie aufgehört habe. Nagut, ein wenig Glück gehörte auch dazu, denn ich konnte nun wirklich nicht damit rechnen, was mir der Blog noch alles ermöglichen würde.

Kurzum: Ich bin so dankbar dafür, denn diese Arbeit erfüllt mein Herz und meine Seele - seht nur, wie ich auf den Bildern oben strahle. Es gibt mir so viel (u.A. Kraft und Inspiration), auf das ich nicht mehr verzichten möchte. In diesem Zuge vergebe ich auch allen Menschen, die mir in meiner Kindheit und Jugend Steine in den Weg geworfen haben, weil sie mich klein halten oder behindern wollten. Ich bin dankbar für diese Steine, denn sie haben mir ermöglicht, dorthin zu klettern, wo ich heute stehe. Ich stehe an einem Punkt, wo ich zahlreiche einzigartige Erfahrungen machen darf, die mein Leben immens bereichern. Dass ich sie in diesem Ausmaß erleben darf, hängt sicher auch mit meiner Lebenssituation seit Herbst 2017 zusammen: Als Student ist man meistens flexibler als wenn man arbeitet. Das trägt dazu bei, dass ich die Möglichkeit und die Zeit habe, mich dieser Arbeit zu widmen. Dennoch schätze ich das alles viel zu sehr, um es nach der Beendigung meines Masterstudiums aufzugeben. Das würde mir nicht in den Sinn kommen. Auch, wenn ich fest im Berufsleben angekommen bin, möchte ich mich weiter engagieren und vor allem auch endlich den letzten Rest meines eigenen Heilungswegs antreten.

Für Menschen da draußen, die nicht selbst betroffen sind, mag das Ganze hier wie eine absolute Nichtigkeit wirken. Für mich und für die Community hingegen bedeutet es die Welt, weil wir viel zu lange nicht gehört und gesehen wurden und nach wie vor hart um unsere Sichtbarkeit kämpfen müssen. Ich bin richtig stolz auf uns alle, dass wir letztendlich nie auf die Stimmen gehört haben, die uns nicht glauben wollten. Von allen Seiten bekommen wir gesagt, dass es unsere Erkrankung nicht gäbe, dass unser Leid nicht vorhanden wäre und dass wir keine Ahnung hätten. Von der Familie, von Freunden, von Arbeitskollegen, von Ärzten und Therapeuten/Psychologen... alles schon vorgekommen. Das ist Alltag für uns! Leider. Es braucht immer noch ganz, ganz viel Aufmerksamkeit und Aufklärung und ich bin unheimlich froh, dass es Personen in der Community gibt, die laut sind und sich dafür einsetzen. Denn doch, es gibt diese Erkrankung (Grüße an der Stelle an's ICD11). Doch, wir leiden und unser Leid ist valide. Doch, wir haben Wissen und dürfen selbstbewusst mit diesem Wissen umgehen. Wir haben es verdient, dass sich die Forschung mit dem Thema beschäftigt und dass es ausreichend adäquate Behandlungsmöglichkeiten gibt. Doch damit wir an diesen langersehnten Punkt kommen, sind wir auf eine Veränderung in der Gesellschaft angewiesen, die wir am besten über Kanäle und Formate erreichen können, die dazu bereit sind, das Thema (kompetent) zu behandeln. Genauso wie die Kanäle und Formate braucht es aber auch Betroffene, die sich trauen, öffentlich über ihre Krankheitsgeschichte zu sprechen. Schwierige Sache mit dem Mut und "sich trauen", wenn so viel Scham- und Schuldgefühle im Spiel sind, weil es sich zwar um eine psychische Erkrankung handelt, die aber sichtbare Konsequenzen für unser Äußeres hat. Da habe ich vollstes Verständnis, dass sich nicht jeder dazu bereit fühlt! Auch, wenn ich mir sehnlichst wünschen würde, dass wir die Existenz von Vorurteilen und Stigmata so weit abbauen könnten, dass wir uns ganz selbstverständlich nicht mehr schämen. Solange nutze ich meine Stimme nur zu gerne für all diejenigen, die sich lieber nicht direkt zeigen wollen oder können. Ich möchte, dass ihr euch gesehen und repräsentiert fühlt durch meine Arbeit. Hoffentlich gelingt mir das.

Danke für eure Zeit und dass ihr mich in meinem Sein unterstützt! Fühlt euch fest gedrückt.

Eure Jacqueline <3 :)