Da bin ich wieder, hi ihr! :)
Mir wurde gestern ein Podcast zugeschickt, der in einer seiner Folgen Skin Picking behandelt. Weil ich so neugierig war, habe ich gerade eben reingehört und geschaut, wie die Verarbeitung des Themas meiner Ansicht nach gelungen ist.
Doch bevor ich darauf eingehe, könnt ihr natürlich gerne selbst reinhören. Es handelt sich um den Podcast "Quarks Daily" von quarks. Die Folge, um die es geht, trägt den Titel "Küssen: Darum ist es so wichtig", aber lasst euch davon nicht beirren - es werden scheinbar mehrere Themen pro Folge abgehandelt (was ich so auf den ersten Blick erfahren konnte, denn ich kannte den Podcast nicht). Zum Abschnitt über Skin Picking gelangt ihr ab Minute 6:16, das Ganze geht dann bis Minute 12:57 und nimmt damit gute sechseinhalb Minuten ein. Daraus kann man was machen, aber andererseits können auch mehrere Stunden zu wenig sein, um die Erkrankung einigermaßen darzustellen... Oder anders gesagt: Selbst nach 555 Blogposts (mein letzter Beitrag war Nr. 555, Prost!) gibt es noch was zu sagen. :D
Zu Beginn möchte ich direkt ein großes Danke vorausschicken! Denn quarks hat sich nicht nur dazu entschieden, dem Thema Raum zu geben, sondern hat den Vorschlag dazu eigentlich sogar aus der eigenen Community erhalten, wie auch in der Podcastfolge gesagt wird. Eine Zuhörerin hat damit den Impuls gegeben, dass sich so ein großes Format mit unserer Erkrankung auseinandersetzt. Danke von Herzen an beide Parteien! Wir brauchen Kanäle, die auf uns und die Erkrankung aufmerksam machen und ihre Reichweite nutzen.
Nun aber zu meiner Meinung. Ich teile es auf in das, was ich gelungen finde und das, was ich weniger gelungen bzw. ausbaufähig finde.
Gelungen:
- Gut aufgedröselt, wo der Unterschied zwischen einer Angewohnheit und dem Skin Picking als Krankheit liegt. Es wird sich intensiv der Frage gewidmet, ab wann "normales" Verhalten pathologisch wird. Das finde ich deshalb so wichtig, weil es vorurteilsbehafteten Reaktionen auf das Thema vorbeugt und noch dazu hilft, eine Orientierung für diejenigen Zuhörer zu geben, die sich fragen, ob sie betroffen sein könnten.
- Die Folgen der Dermatillomanie werden für die Kürze von 6 Minuten ebenso gut analysiert und betont: Genannt werden der Teufelskreis, die Scham, der Ärger, der Druck von außen und innen und auch soziale Folgen wie Isolation. Das finde ich schon ziemlich umsichtig gesammelt von der verantwortlichen Redaktion, die sich auf Recherche begeben hat.
- Auch andere Aspekte und Eigenschaften vom Skin Picking werden aufgegriffen: Trancezustände, Zwanghaftigkeit, Beruhigung und Spannungsabbau und nicht zuletzt auch die Problematik mit den typischen Kommentaren von Angehörigen.
- Der Krankheitswert von Skin Picking wird mehrfach erwähnt und im gleichen Zuge darauf aufmerksam gemacht, dass die Erkrankung behandlungsbedürftig ist. Find ich super, dadurch fühlen wir Betroffene uns ernstgenommen! Welche Behandlung infrage kommt, wird dankenswerterweise auch gesagt.
- Es mag penibel sein, aber im Podcast wird gesagt, dass Dermatillomanie eine Zwangserkrankung/Zwangsstörung ist und das ist schlicht falsch. Dafür, dass es heißt, die Themen werden "wissenschaftlich geprüft" bzw. "auf Basis wissenschaftlicher Expertise und Studien" behandelt, ist das ein Fehler, den es so nicht hätte geben dürfen! Tut mir leid, quarks. Skin Picking ist eine Zwangsspektrumsstörung - also zwangsähnlich, aber nicht gleichzusetzen mit einer Zwangsstörung. In der Forschung wird auch nach wie vor diskutiert, wie gut Skin Picking und andere BFRB's in diese Schublade passen, denn es gibt genauso gut Parallelen zu bspw. Verhaltenssüchten. Da braucht es weitere Untersuchungen.
- Mir fehlte generell der Punkt, dass die Dermatillomanie ein unbekanntes und noch viel zu wenig erforschtes Krankheitsbild ist. Es wird gesagt, dass die Erkrankung gut behandelbar sei, aber dass die Therapieansätze genauso in den Kinderschuhen stecken wie die Forschung allgemein, das fällt ziemlich unter den Tisch. Es wird mir nicht deutlich genug, dass die Hilfesuche sehr herausfordernd ist und (speziell ausgerichtete) Therapieangebote rar sind. Es ist definitiv nicht unmöglich, aber es ist auch nicht so leicht, wie es im Podcast rüberkommt.
- Was mich in dem Zusammenhang auch geärgert hat: Dass ohne ein "aber" der Gang zum Hautarzt empfohlen wird. Weil dieser sich in der Regel mit Hauterkrankungen so gut auskenne, könne er direkt erkennen, ob es sich um eine Hauterkrankung oder etwas Psychisches handelt - meint die Dame im Podcast. Man bekommt glatt das Gefühl, dass die Hautärzte einem ja mit extrem viel Kompetenz und Empathie begegnen werden, sobald man sich an sie wendet... Ich will die Hautärzte hier nicht verteufeln, ich fordere nur ein realistischeres Abbild der Situation! Denn leider ist es zu oft eben genau NICHT so, dass Hautärzte das sehen. Zu oft erleben Betroffene KEINE Empathie, KEIN Verständnis und KEINE Kompetenz. Der Großteil von Dermatologen hat noch nie etwas von Skin Picking gehört, verschreibt Betroffenen eine Salbe, ohne dem Anliegen gescheit zuzuhören und ist innerhalb von drei Atemzügen schon wieder raus aus dem Raum und beim nächsten Patienten. Deshalb sage ich: Meinetwegen empfehlt den Hautarzt als Anlaufstelle, aber nicht ohne meine angesprochenen Hinweise! Sonst schüren die Betroffenen Erwartungen, die nur enttäuscht werden können.
Mich würde eure Meinung dazu brennend interessieren: Wie habt ihr die Behandlung unserer Krankheit in dem Podcast empfunden? Könnt ihr meine Punkte nachvollziehen? Findet ihr mich zu kritisch? Habt ihr etwas Wichtiges zu ergänzen? Lasst es mich gerne mit einem Kommentar oder einer Mail wissen.
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