Guten Abend, ihr Lieben.
Wir sind bei dieser meiner Meinung nach sehr wertvollen Postserie inzwischen beim zehnten Teil angekommen! Wahnsinn! Im Januar 2019 hat dieses "Projekt" von mir und Janika begonnen und der erste Beitrag innerhalb dieser Serie fasst wunderbar zusammen, was Sinn des Ganzen ist, schaut daher mal hier rein, wenn ihr das noch nicht wisst. Kurz gesagt berichtet Janika als Skin-Picking-Betroffene von ihrer Geschichte, ihren Erlebnissen, Gefühlen und Gedanken. So kann sie ihre Worte mal niederschreiben und ihr mal eine andere Perspektive lesen als immer nur meine.
Auch heute hat Janika wieder einen sehr interessanten Beitrag zum Thema "Alleine wohnen vs. in Gemeinschaft wohnen" mitgebracht. Inwiefern ihre Erfahrungen dazu neue Erkenntnisse hinsichtlich des Skin Pickings hervorgebracht haben, lest ihr im Folgenden.
"Hallo zusammen,
heute möchte ich mich auch einmal
wieder mit einem Beitrag bei euch melden. Es geht dabei um eine
Erfahrung, die ich in den letzten Wochen machen durfte und da seitdem
auch schon etwas Zeit vergangen ist, hatte ich auch bereits genügend
Raum, diese Zeit zu reflektieren, um neue wichtige Erkenntnisse
daraus zu generieren.
Vor kurzem hatte sich in meinem Leben
eine bestimmte Situation ergeben, von der ich euch berichten möchte:
Ein guter Freund von mir ist für zweieinhalb Wochen zu mir gezogen.
Als der Einzug für diese Zeit sicher war, zeigten sich in mir
gemischte Gefühle. Auf der einen Seite habe ich mich sehr darüber
gefreut, da wir uns sehr gut verstehen und ich neugierig war, wie das
Zusammenwohnen so für mich werden würde. Immerhin wohne ich nun
schon seit ca. fünf Jahren so ziemlich kontinuierlich alleine und
somit habe ich es als spannende Abwechslung empfunden, auf begrenzte
Zeit dieses Muster einmal zu durchbrechen. Auf der anderen Seite
meldeten sich in mir die altbekannten Zweifel: Wie werde ich diese
neue Situation mit meinem Skin Picking meistern können? Vorab sollte
gesagt sein, dass mein guter Freund zwar eine Menge meiner
psychischen Probleme kennt, aber über die Dermatillomanie habe ich
ihn bisher noch nicht aufgeklärt. Dies hat nichts mit fehlendem
Vertrauen zu tun, ganz im Gegenteil. Es liegt einfach daran, dass
wir, obwohl wir uns schon seit über sieben Jahren kennen, erst seit
ein paar Monaten in engem Kontakt stehen. Ich halte es für sinnvoll,
die Konfrontation mit der gesamten Palette meiner psychischen Themen
sukzessive zu gestalten, ich möchte da nichts überstürzen und auch
nicht überfordern.
Nichtsdestotrotz war ich stolz auf
mich, dass ich dem Ganzen eine Chance gegeben hatte. Ich war mir von
Anfang an bewusst, dass wenn ich auch in dieser Zeit mein Skin
Picking nicht zurückhalten könnte, ich spätestens dann mit ihm
darüber sprechen müsste. Das ist ja immer die Sache mit dem Skin
Picking: Es hat eine starke visuelle Komponente, es manifestiert sich
nicht nur in unserer Psyche, sondern leider auch sichtbar auf unserer
Haut. Dann kam der Tag des Einzugs. Es geht hier gar nicht darum,
diese Zeit im Detail wiederzugeben. Ich möchte mich auf die Momente
begrenzen, in denen ich etwas über mich und meine Dermatillomanie
lernen konnte.
Zunächst einmal möchte ich sagen,
dass ich in diesen achtzehn Tagen nur ein einziges Mal eine moderate
Skin Picking Episode hatte. Diese ging in etwa zwanzig Minuten.
Natürlich war es für mich besonders schwierig, damit aufzuhören.
Ich wusste, je länger ich mich dem Zwang hingebe, desto schwieriger
wird für mich das „Danach“. Das „Sich-zeigen-müssen“, aber
auch die emotionale Kontrolle. Somit konnte ich mich vom Spiegel
losreißen, ich ging duschen und anschließend in mein Bett. Ich
versuchte, die unangenehmen Gefühle zuzulassen, denn ich weiß aus
Erfahrung, dass wenn man die Gefühle unterdrückt, sie irgendwann
einen selbst unterdrücken. Somit ging es mir darum, das Gefühl
auszuhalten und dieses Aushalten als einen persönlichen
Wachstumsfaktor zu sehen.
Am nächsten Morgen zeigten sich kleine
Spuren meines Verhaltens auf der Haut, aber es war in Ordnung. In
diesem Moment war ich unglaublich dankbar, dass ich es geschafft
hatte, mich aus dem Klammergriff des Skin Pickings zu befreien. Somit
konnte ich mich die folgenden Tage weiterhin etwas selbstbewusster im
Umgang mit mir selbst und meiner Haut zeigen.
Ein weiterer Schritt, den ich geschafft
habe, war, dass ich mit Badezimmerlicht abends duschen gehen konnte!
Bisher nutzte ich immer nur das Flurlicht als Lichtquelle für meine
abendliche Badroutine. Ich hatte jedoch mit dem Gedanken gespielt,
dass er vielleicht das Flurlicht ausmachen könnte. Da in meiner
Badezimmertür ein kleines Fenster eingebaut ist, wäre dies schlecht
gewesen. Dann hätte ich im Dunkeln gestanden oder er hätte durch
das Fenster gesehen, dass ja gar kein Licht brennt. So oder so wäre
es für mich eine unangenehme Situation gewesen, deswegen nutzte ich
dieses Wissen und entschied mich für die Konfrontation: Badlicht an!
Und es hat hervorragend funktioniert. Selbstverständlich durften
mein Blick und meine Hände nicht intensiv über meine Haut wandern,
aber das hatte ich erfreulicherweise gut im Griff! Ein weiterer
Fortschritt für mich!
Alles in allem haben mir diese
zweieinhalb Wochen gezeigt, dass es für mein persönliches Empfinden
sehr viel ausmacht, ob jemand da ist oder ob ich allein bin. Ich
hatte, abgesehen von diesem einen Abend, kein einziges Mal das
Bedürfnis, an meine Haut zu gehen. Mein Geist war abgelenkt, ich
hatte jetzt andere, wichtigere Dinge zu tun.
Ich habe mich danach gefragt, ob das
Wissen, dass jemand physisch anwesend ist, eine Menge zur
Gefühlsregulation beitragen kann? Bei mir scheint dies der Fall
gewesen zu sein.
Seitdem ich wieder allein wohne, merke
ich auch, dass das Skin Picking und auch die damit verbundenen
Gedanken selbst wieder deutlich zugenommen haben. Der Fall von dieser
schwerelosen Zeit hin zum „Jetzt“ ist schmerzhaft. Auch, wenn ich
nicht an Heilung in diesem Sinne glaube, hatte ich in der Zeit des
Zusammenwohnens das Gefühl, etwas von ihr gekostet zu haben. Ich bin
dankbar für diese Erkenntnisse, sie haben mir erneut gezeigt, dass
sich das Skin Picking gerne in mir breit macht, wenn ich geistig
nicht optimal ausgelastet bin. Dann wittert es diese Gelegenheit und
schnappt zu! Mit diesem Wissen kann ich nun nach neuen
Beschäftigungen suchen, ich bin gespannt!
Liebe Grüße,
eure Janika"
Wie ist das bei euch? Habt ihr ähnliche Erfahrungen machen können? Wie wirkt es sich bei euch aus, alleine zu wohnen bzw. mit einer anderen Person zusammen, die nicht eurer Familie angehört? Bevorzugt ihr das Eine oder das Andere? Erzählt es uns gerne.
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