Es ist der zehnte Teil dieser schönen, interaktiven Postserie! 10 Monate warten müssen wir dieses Mal aber nicht nach dem letzten Part. Dennoch ist mir auch dieser Beitrag vor etwas über einem Jahr zugesendet worden, sodass das Alter nicht mehr aktuell ist. Entschuldigt die Verspätung, das geht auf meine Kappe.
Ansonsten kennt ihr das Prozedere: Wer noch neu auf meinem Blog ist und sich dafür interessiert, was das genau für eine Postserie ist, der mag gerne in den ersten Teil reinlesen, dort ist erläutert, wie es zu der Idee kam und was das Besondere daran sein soll. Alle Teile auf einem Haufen findet ihr hier. Es lohnt sich, die Stimmen anderer Betroffener anzuhören!
Und wie immer vorher noch der Aufruf:
Nun möchte ich euch als Betroffene ganz direkt ansprechen: Ihr habt niemanden zum Reden, möchtet aber trotzdem mal euer Herz ausschütten oder Frust rauslassen? Ihr traut euch nicht, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen, möchtet aber dennoch, dass eure Geschichte von Menschen gelesen wird? Ihr habt ein paar tolle Tricks und Tipps oder einfach nur liebe Worte für Leidensgenossen, die ihr loswerden wollt? Ein eigener Blog wäre euch zu viel Arbeit, aber einen kleinen Post würdet ihr gerne verfassen? Dann meldet euch gerne bei mir! Schreibt mir eine E-Mail mit dem Betreff "Gastpost" an folgende Adresse: dermatillomanie-blog@web.de. Selbstverständlich dürft ihr auch Bilder mitsenden, wenn ihr das wollt. Ihr könnt dabei entweder von Anfang an namenslos bleiben oder mich darum bitten, euch zu anonymisieren. Ich werde euren Text dann unverändert innerhalb dieser Postserie veröffentlichen, sodass ihr selbst eventuelle Kommentare Anderer dazu lesen könnt.
"Hallo zusammen,
ich fange mal ganz klassisch mit einer
kurzen Vorstellung an. Ich bin weiblich und 19 Jahre alt. Unter Skin
Picking leide ich seit ungefähr vier oder fünf Jahren. An die erste
Zeit habe ich kaum noch Erinnerungen. Rückblickend kann ich mich
weder an einen Auslöser erinnern, noch daran, wie ich herausfand, dass mein
Verhalten die Bezeichnung 'Dermatillomanie' hat und es sich dabei
um eine psychische Erkrankung handelt. Ich habe zunächst nur an den
Beinen geknibbelt, doch schon bald kamen die Arme und das Gesicht
dazu.
Mein Skin-Picking-Verhalten kann mal
wohl als klassisch oder typisch bezeichnen: Ich stehe abends beim
Abschminken im Badezimmer, betrachte mein Gesicht im Spiegel und
fange an, die Unreinheiten auszudrücken. Ich gerate in einen Zustand,
in dem ich einen Kontrollverlust erfahre, in dem ich meine Handlungen
nicht stoppen kann und jegliches Zeitgefühl verliere. So kommt es
nicht selten vor, dass ich eine Stunde nur mit dem Aufkratzen meiner
Haut beschäftigt bin. Danach stellt sich sehr schnell das Gefühl
des Versagens ein und abwertende Gedanken halten mich Stunden wach.
Eine weitere sehr präsente Emotion ist
das Schamgefühl. Lange Zeit habe ich keine kurzen Kleidungsstücke
getragen, vermied Schwimmbäder und ging nur noch geschminkt vor die
Tür. Ich hatte Angst, dass jemand die verletzte Haut sehen könnte,
mich darauf anspricht und mich verurteilt. Ich habe weder meinen
Eltern, noch Freunden von meiner Krankheit erzählt und fühlte mich
sehr alleine mit meiner Situation. Auch intime Beziehungen kamen für
mich nicht infrage. Ich kam an einen Punkt, an dem ich mir
eingestehen musste, dass ich es alleine und ohne Hilfe nicht mehr
schaffen würde.
Ich habe mit meinen Eltern geredet und
suchte mir professionelle Hilfe bei einem Psychotherapeuten. Ich weiß
noch, wie viel Angst ich hatte und wie viel Überwindung es gekostet
hat, im Nachhinein gesehen total übertrieben. Meine Psychotherapie,
genauer gesagt die Kognitive Verhaltenstherapie, ist zwar gerade erst
angefangen, aber ich habe schon viel gelernt, beispielsweise über
das Störungsmodell, und so verstehe ich die Krankheit nun besser.
Ich weiß jetzt, dass man Skin Picking als Verhalten erlernt hat und
dass man es sozusagen auch wieder „verlernen“ kann. Außerdem
habe ich gelernt, mich nicht mehr als „unnormal“ zu sehen, sondern
die Störung zu akzeptieren und mich dadurch nicht mehr einschränken
zu lassen. Ich trage wieder kurze Kleidung, gehe schwimmen und rede
mit Freunde offen über Skin Picking, die mich wirklich sehr
unterstützen.
Abschließend kann ich euch nur einen
Ratschlag geben: Redet mit einer vertrauten Person und/oder sucht euch professionelle Hilfe. Es ist keine Schande, sich Unterstützung
zu suchen, ganz im Gegenteil, es zeugt von viel Stärke. Denn leider
sind psychische Erkrankungen in unserer Gesellschaft ja immer noch
ein Tabuthema und werden negativ konnotiert.
Ich wünsche Euch alles Gute! No Name"
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